# taz.de -- Kunst und Öko in der ägyptischen Wüste: Mandarinen und Karikaturen
       
       > Die Oase El Fayoum geht mit Malkursen und Urlaub auf dem Bauernhof neue
       > Wege im Tourismus.
       
 (IMG) Bild: Heimkehr mit der Ziegenherde im Nildelta um 1923
       
       „Kühl sind die Morgendämmerungen, hoch die Bäume, zahlreich die Früchte,
       selten ist der Regen“, schrieb der ehemalige Gouverneur der ägyptischen
       Oase El Fayoum, Abu Uthman El Nablousi. „Und sparsam sind die Farben“,
       möchte man hinzufügen, wenn man vom Dach eines Hauses in dem Dorf Tunis das
       Panorama in Pastell auf sich wirken lässt: das helle Ocker der meist
       zweistöckigen Gebäude, das staubige Oliv der Palmen, das frische Grün der
       Felder zum Karunsee hin, dessen zartes Blau das des Himmels widerspiegelt.
       
       Am Horizont nehmen die im Dunst liegenden Berge der Wüste den Ton der
       Häuser und staubigen Wege wieder auf. Wie ein schwarzes Band schlängelt
       sich die asphaltierte Durchgangsstraße durch die Szenerie. Esel, Ziegen,
       Schafe, Kühe und Wasserbüffel stehen auf den Weiden, Ibisse picken im Rasen
       der Gärten, die von Hibiskus, Jasmin und Wandelröschen begrenzt werden. In
       der Ferne steht eine besonders hohe, sehr gerade gewachsene Palme. In ihrem
       Stamm versteckt sich ein Handymast. Von solchen Neuerungen abgesehen, ist
       El Nablousis Beschreibung von vor rund 750 Jahren durchaus noch zutreffend.
       
       Genau genommen ist El Fayoum mit seinen gut zwei Millionen Einwohnern, etwa
       100 Kilometer südwestlich der Hauptstadt gelegen, eine Halboase. Ihr Wasser
       speist sich nicht aus Quellen, sondern aus dem Nil: ein Kanal verbindet
       diesen mit dem Karunsee. El Fayoum war schon ein beliebtes Feriendomizil
       der Pharaonen - und ist es heute wieder für Wohlhabende aus Kairo oder
       Europa.
       
       Das Dorf Tunis ist derzeit in Mode und wird als Künstlerort gehandelt. Hier
       steht das einzige Karikaturenmuseum der arabischen Welt - eine ägyptische
       Antwort auf den Streit über die Mohammedkarikaturen im Jahr 2005. Ein Jahr
       später gründete Mohammed Abla das Fayoum-Kunstzentrum, in dessen
       Ausstellungsräumen über 200 Zeichnungen von etwa 50 Künstlern hängen.
       „Propheten greifen wir nicht an, sie sind nicht mehr da und können sich
       nicht wehren“, sagt Abla im Gespräch. Doch zahm sind die Karikaturen in
       seinem Museum nicht. Sie attackieren die arabische Politik und die eigene
       Regierung.
       
       Das Fayoum-Kunstzentrum ist eine gepflegte Anlage von Lehmhäusern. Hier
       finden auch Workshops und eine alljährliche Winterakademie statt.
       Interessierte aus aller Welt können an Kursen in Malerei, Druck, Karikatur,
       Performance und Installation oder Bildhauerei teilnehmen. Die Teilnehmer
       haben während ihres Aufenthalts Gelegenheit, El Fayoum und Kairo zu
       erkunden oder Vorträge bekannter internationaler Künstler zu besuchen.
       
       Tunis ist auch bekannt für seine Keramik. In dem kleinen Ort gibt es gleich
       zwei Werkstätten, die ihre Arbeit über Fair Trade Egypt in Kairo bis nach
       Deutschland vertreiben.
       
       Eine wird von Rawya Abd El Kader geleitet. Den Ausstellungs-und
       Verkaufsraum der 34-Jährigen mit dem eng anliegenden braunen Kopftuch und
       dem langen, orangefarbenen Kleid betritt man über eine schmale, grün
       berankte Veranda. In den Regalen stehen Teller, Schüsseln und Schalen,
       Becher und Krüge mit Motiven aus der Flora und Fauna der Umgebung in
       kräftigen Erdfarben oder Türkis. Die nach traditioneller Art hergestellten
       Gebrauchswaren sind alle Unikate.
       
       Mohammed El Madany vom Provinzrat El Fayoums ist zuständig für die
       Koordination solcher Initiativen sowie für die Verbindung von Produzenten
       und Vertrieb. Der 53-Jährige ist Agronom und gleichzeitig Geschäftsführer
       der Umwelt-NGO Fayoum Agro Organic Development Association. Daher hat er
       noch ganz andere Pläne für die Oase. Er möchte den Ökotourismus entwickeln,
       den biologischen Anbau fördern und träumt von dem, was in Deutschland
       „Urlaub auf dem Bauernhof“ heißt.
       
       Der engagierte Landwirtschaftsexperte überschlägt sich fast vor Optimismus.
       „Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen, zum Beispiel bei der Umstellung
       von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft“, sagt er. Bislang
       hätten 250 Betriebe ihr Interesse angemeldet - ein positives Signal.
       Demnächst soll mit der Ausbildung zum Biobauern begonnen und die
       Verarbeitung lokaler Produkte wie Palmwedel zu Taschen, Körben und
       Accessoires verstärkt werden.
       
       Ein Projekt, das bereits weit gediehen ist, ist der El-Masry-Park. Hier
       wird auf dem Besitz von Omar El Masry und seines Bruders auf einer Fläche
       von etwa drei Hektar bereits ökologischer Anbau betrieben. Seit 2004 ist
       die Anlage als Biohof registriert. Am Eingang laden mit Matten belegte
       Steinbänke unter Mangobäumen zum Entspannen und Plaudern ein. Hier werden
       Orangen, Mandarinen, Weintrauben, Gemüse sowie Kräuter angebaut, die auf
       dem lokalen Markt vertrieben werden. Hinter den Wirtschaftsgebäuden grasen
       Wasserbüffel und Kühe. Schafe, Ziegen, Hühner und Enten gibt es auch. Und
       nun will El Masry Gästezimmer einrichten.
       
       „Die Leute aus Kairo wollen hier dem Stress und der Aggressivität
       entkommen, Grün sehen und sich entspannen“, umreißt Agronom El Madany seine
       Vorstellungen. El Masry ergänzt: „Die Gäste können auf dem Hof mithelfen,
       wenn sie das möchten.“ Auch biologische Ernährung und Slow Food sind für
       die beiden keine Fremdworte. Doch die Mühlen der ägyptischen Verwaltung
       mahlen, wenn überhaupt, nur sehr schwerfällig. Das sieht auch El Madany:
       „Die Regierung ist das eine, die Bevölkerung das andere.“ Daher setzt er
       auf Privatbesitz, Familienbetriebe, Eigeninitiative und Fortbildung.
       
       Große Pläne verfolgt nicht nur El Madany. An der nördlichen Küste des
       Karunsees soll ein Touristenzentrum mit Unterkünften für 18.000 Personen
       errichtet werden, das zahlreiche neue Arbeitsplätze bieten wird. Nach
       umweltverträglichem Tourismus und Slow Food klingt das nicht. So wird sich
       wohl das Panorama von El Fayoum ändern. Statt der staubigen Wege werden
       sich Asphaltschlangen durch das Grün ziehen, Hotelkomplexe werden aus dem
       Boden wachsen und die Preise für Unterkunft und Verpflegung steigen. An den
       Kunst- und Ökoprojekten, auf die El Madany setzt, wird das am wenigsten
       liegen.
       
       6 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Seel
       
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 (DIR) Reiseland Ägypten
       
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