# taz.de -- NPD will Zensus unterwandern: Neonazis als Volkszähler
       
       > Die sächsische NPD ruft ihre Anhänger auf, sich als Interviewer für die
       > Volkszählung zu melden – um Linke auszuforschen. Die Statistikämter sind
       > alarmiert.
       
 (IMG) Bild: Die NPD in Sachsen will den Zensus 2011 nutzen, um die Bevölkerung auszuschnüffeln.
       
       BERLIN taz | Die sächsische NPD ruft Mitglieder und Anhänger dazu auf, sich
       als Interviewer für die in diesem Jahr stattfindende Volkszählung zu
       bewerben. Derzeit werden in zahlreichen Landkreisen und Städten
       Ehrenamtliche gesucht, die im Mai in ausgewählten Haushalten Fragen zu den
       Lebensumständen der Bürger stellen. Bundesweit werden Schätzungen zufolge
       rund 80.000 Interviewer für den Zensus 2011 benötigt. Im Bürokratendeutsch
       heißen sie „Erhebungsbeauftragte“.
       
       Die rechtsextreme NPD verspricht sich durch eine Unterwanderung der
       Volkszählung, mehr über „politische Stimmungen im Lande“ zu erfahren - und
       Linke ausforschen zu können. So heißt es in dem Aufruf unverblümt: „Der
       besondere Reiz solcher Haushaltsbefragungen liegt darin, dass man auch
       Eindrücke von den persönlichen Lebensverhältnissen des einen oder anderen
       'Antifaschisten' bekommen kann.“
       
       So könne es „für öffentlich nicht bekannte Anhänger des NPD-Kreisverbandes
       Dresden beispielsweise sehr aufschlussreich sein, in der Dresdner Neustadt
       soziodemographische Daten zu sammeln". Der Stadtteil ist bekannt für seine
       starke linksalternative Szene.
       
       Das Statistische Landesamt in Sachsen ist von dem NPD-Aufruf alarmiert. Man
       werde die Leiter der rund 40 Erhebungsstellen in Sachsen nun noch einmal
       explizit darauf hinweisen, die Interviewer zu belehren, sagte Irene
       Schneider-Böttcher, Präsidentin des Statistischen Landesamts, der taz am
       Freitag.
       
       So müssten sich die Befrager per Unterschrift auf eine Geheimhaltung der
       Daten verpflichten und dürften mit den Interviews keine anderen Zwecke
       verfolgen - dies gelte auch „für politische, weltanschauliche und religiöse
       Zwecke“, so Schneider-Böttcher. Bei Zuwiderhandlung drohe eine Geld- oder
       Freiheitsstrafe.
       
       Mitglieder einer bestimmten Partei generell nicht als ehrenamtliche
       Interviewer zuzulassen geht nach Ansicht der Präsidentin der sächsischen
       Statistikbehörde aber nicht - auch die Überprüfung der politischen
       Gesinnung der Interviewer sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Es
       stehe aber jedem frei, den Fragebogen selbst und nicht mit dem Interviewer
       auszufüllen und per Post oder online an die zuständige Erhebungsstelle zu
       schicken, sagte Schneider-Böttcher. Alternativ könne man auch einen anderen
       Interviewer verlangen.
       
       Wer allerdings das Ausfüllen der Fragebögen komplett verweigert, riskiert
       ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro. Für den Zensus besteht Auskunftspflicht.
       
       Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, das für das Statistische
       Bundesamt zuständig ist, verwies am Freitag auf „strenge Auswahlkriterien“,
       an die sich die Kommunen bei der Rekrutierung der Interviewer zu halten
       hätten. So sehe das Bundesstatistikgesetz einen Ausschluss von Interviewern
       vor, wenn „Anlass zu Besorgnis besteht, dass Erkenntnisse aus der Tätigkeit
       als Erhebungsbeauftragte zu Lasten der Auskunftspflichtigen genutzt
       werden“.
       
       Der Zensus 2011 ist die erste Volkszählung seit der von vielen Protesten
       begleiteten Zählung 1987. In diesem Jahr werden neben einer Zusammenführung
       und Auswertung bereits vorhandener Verwaltungsdaten rund zehn Prozent der
       gesamten Bevölkerung stichprobenartig interviewt, etwa zu ihrer Bildung und
       Ausbildung, ihrem Familienstand oder einem möglichen Migrationshintergrund.
       
       Außerdem werden Eigentümer von Gebäuden und Wohnungen schriftlich befragt.
       Hier wurden bereits die ersten Fragebögen verschickt, die persönlichen
       Interviews mit den Bürgerinnen und Bürgern sollen am 9. Mai stattfinden.
       
       Eine Sammelbeschwerde von Datenschützern gegen den Zensus 2011 war vom
       Bundesverfassungsgericht im vergangenen Herbst nicht angenommen worden. Die
       geplante Unterwanderung durch Rechtsextremisten könnte die Diskussion um
       die Volkszählung nun aber neu aufheizen.
       
       Nächsten Mittwoch treffen sich die die Dienstaufsichtsbehörden der
       statistischen Ämter des Bundes und der Länder. Sie werden auch darüber
       reden, ob „angesichts der NPD-Aktivitäten noch weitere Vorkehrungen
       getroffen werden sollen“, hieß es am Freitagnachmittag.
       
       7 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
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