# taz.de -- Kommentar Sarrazin-Käufer: Lest den Feind!
       
       > Wenn ein Buch so hohe Wellen schlägt, gibt es für jeden kritischen Geist
       > eine Informationspflicht, und nichts ist informativer als das Original.
       > Bleibt der Unwille, Geld dafür auszugeben.
       
 (IMG) Bild: Ein Sarrazin-Exemplar in den Händen: Noch mehr Geld in den Taschen des privilegierten Spießers! Dabei gibt's auch das Netz.
       
       Er ist männlich, er sieht gerne Nachrichten, liebt das Boulevardtheater und
       liest am Wochenende regelmäßig die Frankfurter Sonntagszeitung - der
       Sarrazin-Käufer. Ich bin weiblich, halte mich stets vom Boulevardtheater
       und Kabarett fern, lese die taz, erstehe öfter Bücher und habe mir
       "Deutschland schafft sich ab" nicht gekauft. So wie viele meiner
       KollegInnen auch nicht. Ein Fehler? Vielleicht.
       
       Wenn ein Buch so hohe Wellen schlägt, gibt es für jeden kritischen Geist
       eine Informationspflicht, und nichts ist informativer als das Original.
       Rassismus lässt sich aus einer Abwehrhaltung heraus weder verstehen noch
       bekämpfen. Probleme erfordern Offenheit - selbst gegenüber widerlichen
       Opportunisten, selbst gegenüber den Sarrazins dieser Welt. Es gibt also ein
       gutes Kaufargument. Zudem ja auch völlig offen ist, ob, wer ein Buch kauft,
       dieses auch liest und die dort ausgeführten Ansichten teilt.
       
       Andererseits: Jeder weiß, dass Sarrazin sich mit seinen rassistischen
       Thesen dumm und dämlich verdient hat. Diese Geldgier zu unterstützen
       verbietet sich. Warum jemandem Geld geben, der seinen Unwillen, vielleicht
       auch seine Angst vor Vielfalt und Veränderung, mithilfe einer
       Freund-Feind-Logik abtöten will, nur um einen Stillstand abzusichern, der
       ihm, dem deutschen Spießer, maximal viele Privilegien sichert? Und: warum
       überhaupt so ein Buch besitzen wollen, tue ich damit meinem Bücherregal
       nicht Unrecht? Nein, denn Bücher sind ja nicht ansteckend. Eine solche
       Sicht ist sentimental, also falsch, auch wenn sie mir nicht fremd ist.
       
       Unterm Strich bleibt damit allein das ökonomische Argument gegen den
       Bucherwerb. Doch sich ein eigenständiges Bild zu machen und Zeitdokumente
       als solche zu bewahren hat ihm gegenüber Vorrang. Wissen ist wichtiger als
       der Geldbeutel von Sarrazin.
       
       Was also tun? Nun, man könnte sich das Buch unentgeltlich aus dem Netz
       herunterladen. Ein Freund sagte, es hätte ihn fünf Minuten gekostet.
       
       9 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ines Kappert
       
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