# taz.de -- Kommentar Libanon: Stiche ins Wespennest
       
       > Die Untersuchung des Hariri-Mordes im Libanon muss transparent und die
       > Beweislage eindeutig sein. Sonst könnte der Sturz der Regierung der
       > Anfang eines Desasters werden.
       
       Es ist der klassische Konflikt zwischen juristischem Aufklärungswillen und
       Realpolitik. Eine internationale Untersuchung soll die Hintermänner des
       Mordes an Premier Rafik Hariri vor fast sechs Jahren ausfindig machen und
       zur Rechenschaft ziehen. Die Hinweise verdichten sich, dass die Kommission
       auch die Hisbollah für den Anschlag verantwortlich machen könnte. Damit
       aber sticht sie direkt in das libanesische Wespennest.
       
       Der Libanon ist politisch gespalten zwischen der Allianz rund um Präsident
       Saad Hariri und den Verbündeten der Hisbollah. Setzt das Hariri-Tribunal
       die Hisbollah auf die Anklagebank, könnte dies leicht zu einem erneuten
       Bürgerkrieg führen. Das Aus für die Regierung der Nationalen Einheit in
       Beirut, die zuvor so mühevoll zusammengezimmert worden war, lässt darum
       alle Alarmglocken läuten.
       
       Das Tribunal operiert in einer hochgradig politisierten Lage. Der
       Hariri-Flügel, der nach Gerechtigkeit ruft, wird vom Westen unterstützt -
       die angeklagte Hisbollah wird vom Iran und Syrien gesponsert.
       
       Derzeit ist die Hälfte der libanesischen Bevölkerung davon überzeugt, dass
       das Hariri-Tribunal zum Himmel stinkt und nur von Washington als Instrument
       im Machtkampf gegen den Iran benutzt wird - während die andere Hälfte
       hofft, mit dem Ergebnis dem wachsenden Einfluss der Hisbollah Einhalt zu
       gebieten. Jedes Ergebnis der Untersuchung dürfte deshalb sofort in die eine
       oder andere Richtung als parteiisch interpretiert werden.
       
       Wäre es da nicht am besten, im Namen der Stabilität den Mantel des
       Schweigens über den Hariri-Mord zu decken? Nein. Aber das Ergebnis der
       Untersuchung muss so transparent und die Beweislage so eindeutig sein, dass
       es über jeden Zweifel erhaben ist. Das zu leisten ist fast unmöglich. Aber
       alles andere wird den Libanon und die Region in ein Desaster führen.
       
       13 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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