# taz.de -- Das Magazin "Focus" wird 18: Sarrazin, hilf!
       
       > Das selbsternannte Nachrichtenmagazin wird volljährig, entdeckt die
       > optimistisch wertkonservative Jugend, macht Antiwahlhilfe für die FDP –
       > und sieht dabei verdammt alt aus.
       
 (IMG) Bild: Focus-Chefredakteur Helmut Markwort (li.) und Verleger Hubert Hurda am 16. Januar 1993 beim ersten Andruck des Magazins.
       
       Mit 17 hat man noch Träume, mit 18 ist man heute wertkonservativ. So sieht
       das nicht Deutschlands spannendster Veganer Rainer Langhans, sondern der
       gute alte Focus. Der wird heute nämlich volljährig, richtig erwachsen – und
       sah doch schon immer ganz schön alt aus.
       
       Im Jubelheft, das zum Sonderpreis von einem Euro die sieche Auflage puschen
       soll, findet sich daher hübsch vorhersehbar eine Geschichte über die
       "Generation Optimismus", die genauso alt wie der Focus ist. Und bei der wie
       beim am 18. Januar 1993 erstmals erschienen Nachrichtenmagazin "Coolness
       war gestern" zum obersten Gebot erkoren wurde. Erfolgreich und voller
       Energie sei diese neue Generation, schreibt der Focus, fragt, ob das nun
       endlich die "zukunftsfrohe, wertkonservativen Jugend" ist, von der Helmut
       Markwort immer geträumt hat.
       
       Vom Leiter des Rheingold-Instituts wird ihr jedenfalls schon mal so
       sekundärtugendlich wie nationalhymnentauglich "Fleiß, Pünktlichkeit, Treue"
       bestätigt, und fertig ist ein arg bemüht wirkender Aufguss. Vom Titel vorn
       grüßen derweil Frau und Herr Sarazin mit dem Schlachtruf "Verdummen unsere
       Kinder?" – dass sich Focus ausgerechnet zum Jubiläum mit einem derart
       abgetragenen Zipfel der Sarazin-Debatte begnügen muss, ist nicht schön.
       
       Sagt aber aus, wie es um das Heft – eben gemeldete Auflage im 4. Quartal
       2010 inklusive aller dazugeflunkerten Verkäufe rund 550.000 Exemplare –
       steht: Focus ist ungefähr so wichtig und einflussreich wie Springers große
       Welt. Daran kann bislang auch Ex-Welt-Mann Wolfram Weimer nichts ändern,
       der seit einem guten halben Jahr die Redaktion anführt und – soviel Lob
       muss sein – nach anfänglichem Hickhack immerhin Herausgeber und
       FDP-Mitglied Markwort halbwegs in die Schranken gewiesen hat.
       
       Zwar verspricht auch im aktuellen Heft die Poetik-Ulknudel Martin Walser
       noch "Ich werde FDP wählen" und verteidigt Guido Westerwelle, aber das ist
       subtile Antiwahlhilfe: Minus mal minus ergibt eben kein Plus. Weimer hat
       auch den Listenwahn des Blattes auf eine runderneuerte Grundlage gestellt:
       Nicht mehr die 100 besten Hautärzte, sondern eher personalisierte
       Geschichten wie "Die einflussreichsten Deutschen" oder "Die Besten des
       Jahres" grüßten von den jüngsten Titelseiten. Und sogar an einem
       Julian-Assange-Porträt versuchte sich Focus ("Nich ganz dicht?") - es gab
       immerhin nicht solchen Ärger wie bei dem großen Klops über Stefan Raab im
       vergangenen Oktober.
       
       "Will der nur spielen?", fragte das Blatt damals und dichtete so fleißig
       über den "Metzgerssohn", dass der sich mit einer der schönsten
       Gegendarstellung der Pressegeschichte bedankte. Volle 20 Punkte umfasste
       die Korrektur diverser investigativer Focus-Erkenntnisse. Bis hin zu dem,
       das der "Metzgerssohn" noch heute "das Mettbrötchen mit Zwiebeln,
       Gurkenscheibe dazu, ganz hinten in seiner Stammkneipe" schätze, sogar ein
       Foto war dabei. In der Gegenstellung schrieb Raab formvollendet: "Hierzu
       stelle ich fest, dass es sich nicht mein Mettbrötchen handelt". Das ließe
       sich auch gut vom Focus sagen. Prost, alter Jungspund!
       
       16 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffen Grimberg
       
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