# taz.de -- Streit der Woche: Muss man die Bahn liebhaben?
       
       > Die Deutsche Bahn befindet sich in einem desolaten Zustand. Strecken
       > gesperrt, Weichen kaputt, Züge verspätet. Ist die Bahn noch ein
       > liebenswerter Teil von uns?
       
 (IMG) Bild: So niedlich kann die Bahn sein.
       
       "Bahn-Verspätungen auf Rekord-Niveau" - titelte die Rheinische Post 2003,
       als 85 Prozent der Züge pünktlich fuhren. Im Dezember 2010 waren es nur
       noch 20,5 Prozent. Der Winter setzte der Bahn massiv zu. Gleisbetten
       verschwanden unterm Schnee. Weichen froren ein. Und dann sind da noch die
       Achsprobleme: ICEs müssen entweder in die Werkstatt, oder zumindest
       "schonend" bei 160 km/h gefahren werden. Bei der Berliner S-Bahn ist alles
       noch viel schlimmer.
       
       Letzte Woche traten die Verkehrsminister der Länder zu einer
       Sonderkonferenz zusammen. Der Bund solle auf seine Gewinnausschüttung von
       500 Millionen Euro verzichten, damit die Bahn ihr verlottertes Material
       aufbessern kann. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hält dagegen.
       Anstatt zu investieren, droht er den Bahnverantwortlichen mit personellen
       Konsequenzen für mögliches Fehlverhalten: "Winter taugt nicht als Ausrede."
       
       Gerade noch rechtzeitig vor dem Treffen verwandelt sich Bahnchef Grube in
       einen Bahn-Kritiker: Man könne die Probleme im Zusammenhang mit der
       Witterung nicht schönreden. Aber er bat um Objektivität bei der Bewertung
       der Zugverspätungen und kündigte milliardenschwere Investitionen in eine
       neue IC- und ICE-Flotte an. Aber wenn da nur der Winter wäre ... Letzten
       Juli wurde eine Schulklasse Opfer einer ausgefallenen ICE-Klimaanlage. Die
       Folge: Elf Schüler kollabierten bei 40 bis 50 Grad Innentemperatur.
       
       Die Probleme scheinen zu tief in der Infrastruktur der Bahn zu liegen.
       Jahrelanges Sparen und der geplante Börsengang haben unsere Bahn
       ausgelaugt. Dabei ist sie doch Teil unserer Identität: Was wäre die
       Industrialisierung ohne sie? Wie stünde es ohne sie um die Mobilität derer,
       die kein Auto haben? Ohne Bahn keine Interrailgeneration, die für den
       Imageaufschwung Deutschlands nach dem Krieg sorgte. Außerdem ist die Bahn –
       gegenüber dem Auto und dem Flugzeug – umweltfreundlich.Und dann all die
       Romane, die nicht hätten geschrieben werden können, weil wichtige Passagen
       im Zug spielen... Die Bahn gehört zu uns, sie ist ein Stück unseres Landes,
       es kann wunderschön sein, in ihr durch die Landschaft zu gleiten.
       
       Was meinen Sie: Muss man die Bahn liebhaben?
       
       18 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Maximilian Schach
       
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