# taz.de -- Interview zur Grünen Woche: Wie ethno ist bio?: "Die Kaufkraft ist nicht vorhanden"
       
       > Türkische Bioprodukte sind eigentlich im Trend, aber für viele in der
       > Gegend ist Bio einfach zu teuer, sagt der Schöneberger Bioladenbesitzer
       > Ahmet Gürez.
       
 (IMG) Bild: Noch nicht so recht in die türkisch-deutsche Küche integriert: Biotofu.
       
       taz: Herr Gürez, es gibt nicht viele Bioladenbesitzer nichtdeutscher
       Herkunft. Wie sind Sie auf die Idee gekommen? 
       
       Ahmet Gürez: Ich esse seit fast 20 Jahren kein Fleisch und habe früher
       schon gegen Umweltverschmutzung oder AKWs demonstriert. Das Geschäft ist
       gut und außerdem ernähre ich mich selber auch von Bioprodukten, weil sie
       gesund und umweltfreundlich sind.
       
       Seit wann haben Sie Ihre Biogeschäfte? 
       
       Den Naturkostladen haben wir seit sieben Jahren, vor fast zwei Jahren haben
       wir zusätzlich ein Biobistro eröffnet. Schon in dem ersten Geschäft hatten
       wir eine Küche, wo wir Suppen und Salate zubereitet haben, die unsere
       Kunden auch vor Ort verzehren konnten. Allerdings ist es mit der Zeit zu
       eng geworden, und so haben wir nach langen Bedenken beschlossen, gleich
       nebenan das Bistro zu eröffnen.
       
       Warum hatten Sie Bedenken? 
       
       Die Ecke um die Pohlstraße herum ist ein wenig abseits und nicht mit den
       Szenekiezen zu vergleichen. Es ist eben nicht die Bergmannstraße,
       Oranienstraße oder die Akazienstraße. Aber der Laden läuft ganz gut.
       
       Sie selber stammen ursprünglich aus der Türkei. Wer gehört zu ihrer
       Kundschaft? 
       
       Mittags im Bistro sind es meistens Künstler, Galeriebesucher oder die
       Geschäftsleute, die in der Gegend arbeiten - und das sind im Grunde auch
       unsere Hauptabnehmer für Lebensmittel. Vereinzelt kaufen hier auch Anwohner
       ein, aber für die meisten, und dazu gehören auch die türkischen Anwohner,
       ist der Bioladen zu teuer. Die Kaufkraft in dieser Straße ist einfach nicht
       vorhanden. Allerdings hat sich die Lage in den letzten zwei Wochen
       geändert. Seit dem Dioxinskandal kaufen auch vermehrt Leute hier ein, die
       sonst nicht zu meiner Kundschaft gehörten.
       
       Bieten Sie auch Ethno-Bioprodukte an, zum Beispiel Ayran? 
       
       Ja. Die meisten frischen Produkte lassen wir uns hier aus der Gegend
       liefern, dazu gehört auch Ayran. Schafskäse etwa bekommen wir aus
       Griechenland. Alle Trockenprodukte hingegen wie Feigen, Haselnüsse,
       Aprikosen, Sultaninen, aber auch rote Linsen kommen aus der Türkei. Ich
       arbeite unter anderem mit der Naturkostfirma "Rapunzel" zusammen, die auch
       in der Türkei ökologischen Landbau betreibt. Erst vor kurzem haben wir uns
       vor Ort die Anbaugebiete und die Lebensmittelproduktion zeigen lassen. Das
       war sehr interessant. Aber meiner Beobachtung nach schaffen es nicht alle
       türkischen Bioprodukte nach Deutschland, weil die türkischen
       Biokontrollbedingungen nicht immer den EU-Richtlinien entsprechen.
       Hauptsächlich werden die Produkte der Firmen importiert, die mit deutschen
       Verbänden zusammenarbeiten, weil diese ihre Kontrollstellen vor Ort haben.
       
       Sind Bioprodukte auch in der Türkei im Kommen? 
       
       Ich denke schon. In Istanbul gibt diverse Biomärkte, und ein paar Freunde
       von mir versuchen einen Großhandel für Bioprodukte aufzubauen, um frische
       Waren vertreiben zu können.
       
       Denken Sie, dass man mit einer Erweiterung der Produktpalette
       türkischstämmige Käufer hier langfristig für den Biomarkt erschließen
       könnte? 
       
       Nein, ich denke, dass der Großteil weiterhin bei seinem konventionellem
       Einkaufsverhalten bleiben würde. Im Moment haben viele noch Angst vor dem
       Dioxin, aber das wird bald vergessen sein.
       
       20 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Canset Icpinar
       
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