# taz.de -- Norwegische Naturschutzgebiete bedroht: Oslo fördert Öl statt Ökologie
       
       > In einzigartigen Gebieten vor der Küste Norwegens wird bald nach Öl
       > gebohrt – trotz des einhelligen Protests von Umweltschützern. Etliche
       > Vögel und Fische sind gefährdet.
       
 (IMG) Bild: Kommt in Zukunft noch häufiger auf Norwegen zu: Eine Förderplattform wird in den Aamoeyfjord geschleppt.
       
       STOCKHOLM taz | Die Insel Runde liegt vor der westnorwegischen Küste. Hier
       gibt es berühmte Vogelfelsen, auf denen sich Skandinaviens südlichste
       Kolonie für Seevögel befindet. Jährlich brüten hier 100.000
       Papageientaucher und zehntausende Exemplare anderer Vogelarten ihren
       Nachwuchs aus. Und in die Zehntausende gehen auch die Zahlen der Besucher,
       die dieses Naturschauspiel alljährlich erleben wollen.
       
       Doch nun hat die – rot-rot-grüne – norwegische Regierung das Meeresgebiet
       vor den Vogelfelsen von Runde für die Ölausbeute freigegeben. Ebenso wie 49
       weitere Gebiete auf dem norwegischen Kontinentalsockel, in denen die
       Offshore-Aktivitäten bislang nicht genehmigt waren. "Roh und brutal werden
       die eigenen Naturschutzinstitutionen überfahren", klagt Lars Haltbrekken,
       Vorsitzender des norwegischen Naturschutzverbands.
       
       Sowohl die staatliche Klima- und Umweltagentur als auch das Direktorat für
       Naturverwaltung der Regierung hatten bei fast der Hälfte der betroffenen
       Meeresgebiete davon abgeraten, für sie Öl- und Gasförderkonzessionen zu
       erteilen.
       
       Neben wichtigen Brutplätzen für Seevögel, die bei einem Ölaustritt
       unmittelbar gefährdet wären, bieten die Regionen mit einigen der weltweit
       größten und einzigartigen Kaltwasser-Korallenriffe bedeutsame Laichgebiete
       von Heringen und anderen Fischarten. Aufgrund der Meeresströmungen würden
       sie nach einem Ölunfall auf den künftig entstehenden Bohrinseln in
       kürzester Zeit von Ölteppichen erreicht werden.
       
       Dass Oslo bei der Jagd nach neuen Einnahmequellen keine Rücksicht auf die
       Belange des Naturschutzes nimmt, hat Tradition. Nach einer im vergangenen
       Jahr von der Osloer Aftenposten veröffentlichten Aufstellung hat das Öl-
       und Energieministerium in den letzten fünf Jahren 190 neue Meeresgebiete
       zur Ölausbeute freigegeben, obwohl die Umweltbehörden bei 86 dringend davon
       abgeraten hatten.
       
       "Es findet eine Interessenabwägung statt", sagt Robin Kåss, Staatssekretär
       im Ölministerium: Die Regierung höre beide Seiten und treffe dann einen
       politischen Beschluss. "Die Ölwirtschaft bekommt, was sie will",
       kommentiert Lars Haltbrekken: "Was beweist, welche Macht sie bei uns hat."
       
       25 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Vogeljagd in Europa: Piep, piep, tot
       
       Die Jagd auf Vögel, die unter Schutz stehen, nimmt zu. Einige europäische
       Länder umgehen die Vogelschutz-Richtlinie. Sorgen machen auch Pestizide und
       Giftköder.
       
 (DIR) Vor der Küste Norwegens: Atommüllfrachter gerät in Seenot
       
       Nach einer Havarie der "Puma" sehen Umweltschützer ihre Warnungen
       bestätigt. Das Schiff hatte zum Zeitpunkt des Unglücks kein radioaktives
       Material mehr an Bord.
       
 (DIR) Ausblick auf Energie der Zukunft: Bild der Zukunft in Öl gemalt
       
       In ihrem "World Energy Outlook" sagt die Internationale Energie Agentur
       steigende Fördermengen bei Öl und Gas voraus. Sonne und Wind spielen kaum
       eine Rolle.
       
 (DIR) Erdölförderung in Ecuador: Vergiftet vom schwarzen Gold
       
       In Ecuadors Amazonasregion lockten Pipelines in den 1970er Jahren über
       40.000 Menschen an. Der Preis: eine vergiftete Natur. Nun hoffen viele auf
       ein Urteil gegen Texaco.