# taz.de -- Amy Chuas Lob des Drills: Lerne hart und pinkel wenig
       
       > Eine US-chinesische Autorin und Professorin mischt mit wilden Thesen die
       > Bildungsdebatte auf. Nur Pauken und Strafen sorgen für den Erfolg des
       > Nachwuchses, sagt sie.
       
 (IMG) Bild: Die 48-jährige Amy Chua ist Juraprofessorin in Yale und ließ bei ihren Töchtern nichts unter der Note eins gelten.
       
       "Battle Hymn of the Tiger Mother" heißt der Bestseller, und er hat der
       "Tiger-Mutter" Amy Chua in den USA wüste Beschimpfungen und sogar
       Morddrohungen eingebracht. Dass Passagen aus dem Buch unter dem provokanten
       Titel "Warum chinesische Mütter überlegen sind" im renommierten Wall Street
       Journal abgedruckt wurden, hat die bloggenden Mommys erst recht
       aufgebracht. Allerdings beginnt das amerikanische Bildungsbürgertum nun
       Chuas Thesen ernsthaft zu diskutieren.
       
       Die Angst der Mittelschicht: Ist vielleicht doch etwas dran an den
       Erziehungsmethoden asiatischer Mütter? Immerhin ergattern deren Kinder so
       viele der begehrten Studienplätze in Harvard, Yale und Princeton wie keine
       andere ethnische Gruppe. Die Kinder der asiatischen Zuwanderer sind in
       allen Rankings weit vorn, asiatische Einwanderer gelten als
       Vorzeigeminderheit, die wirtschaftlich erfolgreicher ist als alle anderen
       Bevölkerungsgruppen.
       
       Chuas Töchter Sophia (18) und Lulu (15) durften nie fernsehen, am Computer
       spielen oder bei Freundinnen übernachten. Sie mussten Mathe pauken und
       täglich mindestens zwei Stunden Klavier oder Geige üben. Ihre Mutter
       untersagte selbst Pinkelpausen. Wehe, wenn ihre Kinder etwas anderes als
       die beste Note nach Hause trugen. Klappte es nicht mit dem Geigenspiel,
       drohte die Mutter damit, Lulus Lieblingsstofftier zu verbrennen. Solche
       Extreme kommen bei anderen US-Bürgern chinesischer Abstammung oft nicht gut
       an: "Eltern wie Amy Chua sind der Grund dafür, dass ,Asian-Americans' wie
       ich beim Psychotherapeuten landen", schrieb die Journalistin Betty Ming
       Liu.
       
       "Du kannst deinem Kind noch so oft sagen: Du bist großartig, du kannst
       alles – am Ende muss es sich in der Welt bewähren, und da weht ein anderer
       Wind", konterte Chua. Vorbild der 48-Jährigen, die am MIT und in Harvard
       studierte und heute Juraprofessorin in Yale ist, sind die eigenen Eltern:
       "Ihre hohen Erwartungen, zusammen mit ihrer grenzenlosen Liebe, waren ihr
       größtes Geschenk an mich."
       
       Solche Prinzipien teilt Bonnie Liao, Mitgründerin der neuen Princeton
       International Academy Charter School. An dieser öffentlichen Schule im
       Staat New Jersey werden Kinder ab fünf Jahren von September an auf
       Chinesisch unterrichtet. "Wir alle wissen, dass man Disziplin braucht, um
       etwas zu erreichen", sagt Liao und verweist auf internationale
       Vergleichstests. "Westliche Eltern verlangen ihren Kindern zu wenig ab. Sie
       bauen nur ein künstliches Ego auf." Vom nächtlichem Pauken und drakonischen
       Strafen für schlechte Noten, wie es in manchen asiatischen Familien noch
       üblich sei, hält sie aber wenig: "In unserer Schule versuchen wir, das
       Beste beider Systeme zu verbinden."
       
       Von dem Konzept überzeugt sind der Unternehmer Rob Thomas und die
       Umweltberaterin Holly Welles, die ihre vierjährigen Zwillinge für die
       Vorschulklasse der neuen Schule angemeldet haben. "Das chinesische
       Bildungsethos gefällt mir", sagt Thomas. "Und meine Kinder sollen sich
       später in einer globalisierten Wirtschaft bewegen können, in der China eine
       wichtige Rolle spielen wird."
       
       Amy Chua sieht ihr Buch nicht als Erziehungsratgeber, sondern als
       selbstironische Beschreibung einer Mutter. Auch sie habe viele Prinzipien
       aufgeben müssen, weil die jüngere Tochter mit 13 rebellierte.
       
       Gezähmt ist die Tiger-Mutter aber nicht. "Stünde ich noch einmal vor
       derselben Aufgabe, ich würde es genauso machen – mit kleinen Korrekturen",
       sagt Chua. Was sie am meisten erstaunt, ist die Darstellung ihrer
       Grundsätze als "chinesisch": "Hart arbeiten, nicht aufgeben, keine
       Ausflüchte suchen, Verantwortung übernehmen und selbständig sein – für mich
       sind das alles uramerikanische Werte".
       
       26 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ute Mehnert
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA