# taz.de -- Prozess gegen Vietnamesen: Haschisch aus dem Altbau
       
       > Erstmals wird in Berlin gegen Vietnamesen wegen Anbau und Handel von
       > Cannabis vor Gericht verhandelt. Europaweit drängen Banden aus Fernost
       > ins Drogenbusiness.
       
 (IMG) Bild: Findige Hanfzüchter: Von der Polizei entdeckte Indoor-Plantage in Hamburg.
       
       Dass in Berliner Wohnungen Haschisch en gros für den Handel angebaut wird,
       ist nichts Neues. Dennoch enthüllt der Prozess, der seit dieser Woche vor
       dem Berliner Landgericht läuft, eine erstaunliche Entwicklung: Erstmals
       wird dort gegen vier ethnische Vietnamesen verhandelt. Sie sollen in Moabit
       eine Indoordrogenplantage mit rund 300 Pflanzen betrieben haben. Zehn Kilo
       Ertrag haben sie laut Anklage bereits verkauft. Die Polizei hatte die
       Verkaufsverhandlungen am Telefon abgehört.
       
       Dass vietnamesische Zimmerbauern für den Haschischnachschub sorgen, ist
       europaweit leider Trend. In Großbritannien etwa stammen generell 70 Prozent
       des auf der Straße verkauften Cannabis aus heimischem Anbau. Hinter zwei
       Dritteln der Fälle sollen laut britischer Polizei Banden aus Fernost
       stehen. Die Zimmergärtner stammen meist aus dem bitterarmen Zentralvietnam
       und kommen wie die illegalen Zigarettenhändler mit Schlepperbanden nach
       Europa. Ihre Schulden für den Transport haben sie nach zwei oder drei
       Ernten unter mitunter sklavenähnlichen Lebensbedingungen abgearbeitet. Vom
       Gewinn der Plantage kann dann die Familie in Vietnam unterstützt werden.
       Den Vertrieb und die Logistik übernehmen hingegen in der Regel
       vietnamesische Migranten, die schon länger auf der Insel leben und
       etabliert sind.
       
       Auch in Tschechien, Ungarn, Holland und Dänemark sind Vietnamesen in den
       letzten Jahren verstärkt ins Drogenbusiness eingestiegen, laut
       Bundeskriminalamt ist nun Deutschland betroffen, vor allem Sachsen und
       Bayern. Es geht dabei nicht um einzelne Pflanzen, die liebevoll im
       heimischen Blumentopf gehegt werden, sondern um Großplantagen mit in der
       Regel genmanipulierten Pflanzen. Wärmestrahler und künstliche Bewässerung
       sorgen in Wohnungen, Bauerngehöften oder verlassenen Industriebaracken für
       das richtige Klima.
       
       Die vier jetzt Angeklagten aus Berlin waren europaweit vernetzt. Zwei von
       ihnen, ein Paar mit zwei gemeinsamen Kindern, lebt seit Jahren als wenig
       erfolgreiche Gewerbetreibende im Bezirk Mitte. Er ist deutscher
       Staatsbürger. In einem Asiamarkt in Lichtenberg hätten die beiden mehrere
       in den Niederlanden lebende Landsleute kennengelernt, berichteten sie bei
       ihrem Geständnis zum Prozessauftakt am Dienstag. Sie freundeten sich mit
       ihnen an, wurden mehrfach nach Amsterdam eingeladen und fürstlich bewirtet.
       Die Gastgeber zeigten den Berlinern eine Indoorplantage und erzählten von
       ihren Plänen, in Berlin eine zu eröffnen. Die beiden Berliner ließen sich
       offensichtlich vom Reichtum der Amsterdamer blenden.
       
       Die beiden anderen Angeklagten - ein Mann und eine Frau - waren laut
       Staatsanwaltschaft illegal nach Deutschland eingereist. Die beiden Berliner
       Geschäftsleute sollen sich um die Anmietung der Wohnung, den Kauf der
       Pflanzen, die Beschaffung und Installation der Technik gekümmert haben; die
       in bäuerlichen Verhältnissen in Vietnam aufgewachsenen Neuankömmlinge
       hegten laut Anklage die Pflanzen. Eine von ihnen ließ am Dienstag über
       ihren Anwalt ihre Unschuld beteuern.
       
       Seit August sitzen alle vier in Untersuchungshaft. Das Gericht hat
       angedeutet, dass im Falle eines Geständnisses der Hauptangeklagte für vier
       Jahre ins Gefängnis muss. Die beiden Frauen sollen für 2 Jahre und 8 Monate
       hinter Gitter. Der jüngste Angeklagte könnte mit einer Bewährungsstrafe von
       zwei Jahren davonkommen. Die vier haben Glück, dass sie in Berlin vor
       Gericht stehen. In Vietnam steht auf Drogenanbau die Todesstrafe. Der
       Prozess ist auf elf Verhandlungstage angesetzt.
       
       27 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Mai
       
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