# taz.de -- Kommentar Kaukasus: Russlands Schicksalsregion
       
       > Der Kaukasus bleibt ein Unruheherd. Putin ist mit seinem Konzept
       > gescheitert, den Nordkaukasus mit Gewalt zu befrieden und beherrschbar
       > zumachen.
       
 (IMG) Bild: Kampf um die Versammlungsfreiheit: Demonstrant in Moskau wird von der Polizei festgenommen.
       
       Noch ist nicht geklärt, wer das Attentat auf dem Flughafen Domodjedowo
       verübte. Auch wenn es sich nicht um einen Terroristen aus dem Nordkaukasus
       handeln sollte, ändert dies nichts am Befund: Moskaus südliche Peripherie
       ist nicht mehr nur ein Pulverfass, der Kaukasus ist zu Russlands
       Schicksalsregion geworden. Wladimir Putins Konzept, die unbändige Bergwelt
       mit Gewalt zu befrieden, ist fehlgeschlagen.
       
       Die Machtvertikale des Putinismus, die schon das Kernland kaum im Griff
       hat, versagt im Nordkaukasus auf ganzer Linie. Zehn Jahre brauchte der
       Kreml, um diese Region in seine eigene Ohnmachtszone zu verwandeln. Die
       Chance zum zivilen Ausgleich ist vertan.
       
       Die Vergeltungsschwüre und Flüche nach dem feigen Blutbad unterstreichen
       nur die Rat- und Machtlosigkeit des Führungsduos. Kraftmeierei spornt
       Terroristen eher an, die Spirale der Gewalt weiterzudrehen.
       
       Der Kaukasus ist ein hochkomplexes und kompliziertes Gebilde. Keine
       Republik und keine Ethnie gleicht der anderen. Es reicht nicht aus, die
       Probleme der Region auf den islamistischem Terror und unfähige
       Sicherheitsstrukturen zu reduzieren. Selbst die verheerenden sozialen und
       wirtschaftlichen Lebensbedingungen in der Bergregion erklären nicht alles.
       
       Auch die ethnischen Zwistigkeiten und der Nepotismus einer
       korrupt-kriminellen von Moskau unterstützten Elite, die die Bevölkerung mit
       stiller Duldung des Kreml aussaugt und sie überdies verachtet, beschreiben
       die Gemengelage noch nicht ausreichend. Auch die rassistische Haltung
       Russlands gegenüber den Kaukasiern hat tiefe Spuren hinterlassen.
       
       Die politische Führung unterscheidet sich in ihrer Geringschätzung der
       kaukasischen Völker kaum vom chauvinistischen Pöbel. Russland hat den
       Kaukasus im 19. Jahrhundert blutig unterworfen. Der Kolonialherr verstand
       es seither nicht, die Region auch zu einem gleichberechtigten Teil des
       Imperiums zu machen.
       
       Im russischen Unterbewusstsein blieb sie immer ein strategischer Rand, der
       von anderen Völkern bedauerlicherweise noch besiedelt ist. Bis heute hat
       sich diese imperiale Hochnäsigkeit erhalten. Sie drückt sich darin aus,
       dass sich die Kolonialmacht nicht die geringste Mühe gibt, die
       Schwierigkeiten der Region zu verstehen. Daher ist der Terrorismus auch
       Teil eines Dekolonialisierungsversuchs.
       
       28 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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