# taz.de -- Inhaltefarm "Demand Media": Schrott auf Bestellung
> Inhaltefarmen stellen Artikel ins Netz, die gute Ergebnisse bei
> Suchmaschinen versprechen. Für Demand Media arbeiten tausende freie
> Mitarbeiter zu Dumpinglöhnen.
(IMG) Bild: Was bei Google, Bing und anderen großen Suchmaschinen gesucht wird, steht bei Demand Media sogleich hoch im Kurs.
1,9 Milliarden Dollar. Das ist der Börsenwert, den [1][Demand Media] kurz
nach seinem Börsengang in der letzten Woche hatte. Zwar ist dieser riesige
Unternehmenswert der Internet-Firma zum Freitag etwas zurückgegangen, weil
die Unruhen in Ägypten die Märkte schockten. Doch noch immer ist das erst
vier Jahre alte Unternehmen des MySpace-Mitbegründers Richard Rosenblatt
fast 400 Millionen Dollar mehr wert als die New York Times (NYT). Das
amerikanische Prestigeblatt verabschiedete sich mit einem Börsenwert von
nur 1,54 Milliarden Dollar ins Wochenende an der New Yorker Börse.
Das ist alles umso erstaunlicher, als dass es sich bei Demand Media um eine
sogenannte Inhaltefarm handelt: Ein Netzwerk aus gut 13.000 unregelmäßig
eingekauften Freelancern produziert für die Firma Texte am Fließband für 10
bis 20 Dollar pro Stück. Bei der New York Times arbeiten dagegen 7.600
zumeist hochqualifizierte Angestellte, darunter allein 350 Autoren. Während
bei der NYT sowohl in der Zeitung als auch im Web Redakteure die Themen
bewerten und die Mischung bestimmen, hat Demand Media mit Angeboten wie der
Anleitungsseite "eHow" oder dem Spaßportal "Cracked" nur einen Taktgeber:
Google-Suchanfragen.
Über komplexe Algorithmen versuchen die Techniker von Demand Media, die
Suchbegriffe herauszufinden, die zwar von den Nutzern eingegeben, von
inhaltlichen Angeboten aber bislang kaum abgedeckt werden. Das hat einen
großen Vorteil: Wird diese Nische besetzt, ist ein Top-Platz im
Google-Ranking bei den entsprechenden Suchbegriffen garantiert. Der Nutzer
klickt den Text an, erhält den Inhalt und auf der Seite kann teure Werbung
verkauft werden. Millionen Artikel hat Demand Media so schon fabrizieren
lassen.
Die 13.000 Autoren und Videomacher werden über ein ausgefeiltes
Computersystem für Themenaufträge eingeteilt, andere Nutzer übernehmen, für
noch weniger Geld als die Autoren, die "Qualitätskontrolle". Das soll dafür
Sorge tragen, dass ein Mindestmaß an Verständlichkeit in den Texten steckt.
Mitmachen kann dennoch fast jeder, Demand Media rekrutiert laufend und - so
sagen manche Beobachter - aggressiv.
Was dabei herauskommt, ist im besten Fall ein einigermaßen ausgewogener
Text - oder eben das, was man für 10 bis 20 Dollar erwarten kann. Im
schlechtesten Fall ist es Schrott auf Bestellung, der Suchmaschinen
verstopft. Die Themen sind dabei manchmal skurril. So können User bei
"eHow" lernen, wie man [2][sein Alter vom Geburtsdatum aus errechnet]. Das
Geheimnis: Das aktuelle Jahr aufschreiben oder in einen Taschenrechner
eintippen. Auch dabei: Wie eine [3][Badehose angezogen wird] - "vorher
rasieren". Die Texte und Seite sind dabei voll mit Werbung - um die es ja
eigentlich geht.
Ob das Geschäftsmodell von Demand Media trotz des erfolgreichen Börsengangs
auf Dauer trägt, lässt sich noch nicht sagen: Die Firma ist hängt von
Google und den wenigen anderen großen Suchmaschinen ab. Und dort dreht sich
der Wind gerade: Kürzlich kündigte Matt Cutts, der mächtige
Google-Ingenieur für Suchqualität, eine [4][Kampagne gegen
Suchmaschinen-Spam] und "Inhalte schlechter Qualität" an. Dabei geht es vor
allem um Ergebnisse, die zwar auf eine Suchanfrage passen, aber auf den
zweiten Blick Müll enthalten oder nur dazu erstellt wurden, um bei Google
aufzutauchen.
Bei Demand Media fühlt man sich jedoch nicht angesprochen. In einem
[5][Interview mit dem Fachdienst "All Things D"] sagte Firmenchef
Rosenblatt, Cutts spreche "überhaupt nicht" von ihm und seiner Firma.
Demand Media und Google kämen prima miteinander aus, man sei ein wichtiger
Partner für Googles Werbevermarktung und sei größter Einsteller von
YouTube-Videos. Google selbst äußert sich zur Geschäftsbeziehung mit Demand
Media nicht. Was bleibt sind Nutzer, die sich wundern, warum auf ihre
Suchanfragen scheinbar passende Artikel mit merkwürdigen Inhalten
auftauchen.
31 Jan 2011
## LINKS
(DIR) [1] http://www.demandmedia.com/
(DIR) [2] http://www.ehow.com/how_6201446_calculate-age-birthdate.html
(DIR) [3] http://www.ehow.com/how_4894103_put-speedo.html
(DIR) [4] http://googleblog.blogspot.com/2011/01/google-search-and-search-engine-spam.html
(DIR) [5] http://mediamemo.allthingsd.com/20110127/demand-media-says-its-getting-along-just-fine-with-google-thank-you-very-much/
## AUTOREN
(DIR) Ben Schwan
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