# taz.de -- KRANKENHAUS-SANIERUNG: Exodus bei Bremer Kliniken
       
       > Die Kooperation zwischen privatem Bereich und kommunalen Kliniken war
       > jahrelang gewollt - nun vergrault Klinik-Chef Hansen die Privaten durch
       > Kündigungen.
       
 (IMG) Bild: Freude an der Lilienthaler Residenz-Klinik kann Ärger in Bremen bedeuten
       
       Gleich zwei gute Nachrichten konnte die Residenz-Klinik Lilienthal in den
       letzten Tagen verkünden: Ein eingespieltes Team von drei ChirurgInnen ist
       vom Klinikum Bremen-Mitte nach Lilienthal gewechselt. Und es wurde eine
       Herz-Elektrophysiologie-Praxis bei der Klinik eröffnet. Damit sei ein
       Schritt zur "Hochleistungsmedizin" in Lilienthal getan, sagte sich
       Klinik-Geschäftsführer Peter Stremmel.
       
       Auch diese gute Nachricht ist eine schlechte für die in der Gesundheit Nord
       (Geno) zusammengeschlossenen kommunalen Bremer Kliniken: Die
       Herz-Spezialisten haben seit 1997 ihre Praxis am Klinikum "Links der Weser"
       (LdW), sind seitdem von zwei auf zwölf Ärzte gewachsen, und haben einen
       Vertrag bis 2023. Geno-Geschäftsführer Diethelm Hansen hatte dennoch gleich
       beim ersten Zusammentreffen 2008 erklärt, dass es diese Praxis eigentlich
       gar nicht geben dürfe. Hansen kürzte die Vergütung der Ärzte einseitig.
       Weil er einen Schlichterspruch zum Thema ignoriert, liegt die Sache vor dem
       Landgericht.
       
       Die Praxis ist so etwas wie ein medizinischer "Leuchtturm" in Bremen, die
       PatientInnen werden aus der ganzen Bundesrepublik nach Bremen zur
       Spezialbehandlung bei Herzrasen geschickt. Seit Jahren ist eine Erweiterung
       nötig. Seit nicht mehr Stremmel, sondern Hansen das Sagen hat am LdW,
       streitet man sich aber mittels Anwälten. "Das ist im Moment die Ebene der
       Kommunikation", sagt der Kardiologe Klaus Langes bitter. Wenn die Praxis
       gehen muss, nimmt sie ihre PatientInnen mit. Bisher ist Lilienthal nur ein
       Spielbein. "Wir möchten gern hier weiterarbeiten, wir sind vertragstreu",
       versichert Langes.
       
       Im Falle des "Katheterlabors", einer anderen großen Facharztpraxis von
       Herzspezialisten am Klinikum Links der Weser, hat Hansen auch
       Honorarkürzungen vorgenommen - und war juristisch im Schiedsverfahren
       unterlegen. Seitdem scheint Ruhe zu herrschen. Die Ärzte verfolgen aber mit
       großer Besorgnis, wie die Geno mit der radiologischen Spezialpraxis am
       Klinikum Mitte umspringt. Deren Mietvertrag für die Räume wurde zum 30.
       Juni 2011 gekündigt. Auch dieser Fall liegt vor Gericht.
       
       1993 war der fachlich zuständige Chefarzt Burckhard Terwey vom Klinikum
       Mitte aufgefordert worden, dieses private Zentrum für "MR, Nuklearmedizin
       und PET / CT" zu gründen. Der Hintergrund: Eine private Praxis konnte die
       großen Investitionen in die teuren Geräte besser planen. Er sei positiv
       erstaunt gewesen, wie modern diese Praxis ausgestattet sei, sagt der
       Radiologie-Chefarzt Bernd Tomandl, und habe immer sehr gut mit den Kollegen
       kooperiert. Niemand kann sagen, wer die Spezialuntersuchungen nach dem 30.
       Juni machen soll, wenn die Praxis wirklich dicht macht - das Klinikum
       verfügt weder über Geräte noch über Personal dafür.
       
       Der Radiologie-Chefarzt Bernd Tomandl geht. Er hat gekündigt wegen der
       "Strukturen" des Klinikverbunds unter Hansen und der schlechten
       "Grundstimmung", sagt er. Weggegangen vom Klinikum Mitte ist auch die
       Kinderkardiologie-Praxis Magsaam - sie wurde im Ärztehaus beim Joseph-Stift
       mit offenen Armen empfangen. Mit dieser - freigemeinnützigen - Klinik hat
       Hansen den offenen Streit begonnen, als er Ende 2010 die Kooperation im
       Bereich der Geburtshilfe fristlos kündigte. Vor Gericht unterlag er.
       
       dazu
       
       KOMMENTAR VON KLAUS WOLSCHNER ZUM GESUNDHEITS-STREIT
       
       Beim kommunalen Klinikverbund ist eine "Ambulanz-GmbH" gegründet worden,
       die mit Geld aus dem Etat für den Neubau des Klinikums Mitte ausgestattet
       wird. In der (nicht-öffentlichen) Begründung steht, dass der Klinikverbund
       Fakten schaffen will, bevor per Bundesgesetz die Gründung von ambulanten
       "Medizinischen Versorgungszentren" (MVZ) mit Staatsmehrheit untersagt wird.
       
       Damit ist die Strategie klar: Die staatlichen Kliniken wollen selbst
       ambulante Arztpraxen in ihrem Umfeld betreiben und sich "zukünftige
       Marktanteile sichern". Das MVZ sei "ein neuer Markt", heißt es da. Das ist
       eine Kampfansage an private Arztpraxen, den Streit kann der Klinikverbund
       nur mit der Macht des Staates im Rücken betreiben: Für die Kosten kommt im
       Zweifelsfall der Steuerzahler auf. Die Ärzte in den privaten Praxen auf der
       anderen Seite riskieren den persönlichen Ruin, wenn sie nicht kuschen und
       unterliegen. Zudem ist die staatliche Gesundheitsbehörde, die
       beispielsweise mit dem Landeskrankenhausplan "für alle" da sein sollte,
       gleichzeitig Partei - für ihre kommunalen Kliniken.
       
       Wenn die staatlichen Systeme besser wären, kostengünstiger oder auch
       medizinisch effektiver, wäre das alles gut für die Patienten. Sind sie aber
       nicht. So ist es staatlicher Machtmissbrauch.
       
       3 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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