# taz.de -- 10. Weltsozialforum in Dakar eröffnet: Ägypten und Tunesien prägen Debatte
       
       > Bewusst treffen sich die Globalisierungskritiker zum zehnten
       > Weltsozialforrum in der Nähe der arabischen Welt. Im Mittelpunkt stehen
       > die Revolutionen in Tunesien und Ägypten.
       
 (IMG) Bild: Auf ihrem Weg nach Dakar prangern AktivistInnen die EU an: Europas Flüchtlingsagentur Frontex wird als "Mörder" bezeichnet.
       
       DAKAR taz | Ohne Experimente hat am Sonntag in der senegalesischen
       Hauptstadt Dakar das zehnte [1][Weltsozialforum] (WSF) begonnen: Wie in der
       Vergangenheit stand die Auftaktdemonstration - ebenso wie das Treffen
       selbst - auch diesmal unter dem Motto "Eine andere Welt ist möglich".
       Tausende Menschen versammelten sich am Mittag auf einem zentralen Platz vor
       der Großen Moschee und zogen zum Gelände der Universität Cheikh Anta Diop
       im Westen Dakars.
       
       Nach Bamako 2006 und Nairobi 2007 ist es das dritte Mal, dass der
       globalisierungskritische Kongress in Afrika stattfindet. Mignan Diouf, der
       Vorsitzende des lokalen Organisationskomitees, erwartet in den nächsten
       Tagen bis zu 50.000 TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt. Nach Nairobi waren
       vor vier Jahren fast doppelt so viele Menschen gekommen. Schwerpunkte der
       rund 1.000 Veranstaltungen werden dieses Mal Themen wie Landraub und
       Agrarkonflikte, Schulden und Finanzkrise sowie Migration und Umweltschutz
       sein.
       
       Vor allem aber dürften diesmal die Ereignisse in Tunesien und Ägypten
       Aufmerksamkeit finden. Eine große Delegation aus Tunis ist am Wochenende in
       Dakar eingetroffen - im Gegensatz zu den angemeldeten NGOs aus Ägypten:
       Ihnen verbot das Mubarak-Regime die Ausreise. "Durch Ägypten und Tunesien
       kriegt das hier einen ganz anderen Drive", sagt Jürgen Reichelt, seit elf
       Jahren Mitglied des Internationalen Rates des WSF.
       
       Mit der 2009 getroffenen Entscheidung, das WSF in Dakar abzuhalten, wollte
       der Rat "so nah wie möglich an die arabische Welt", sagt er. Zwar gebe es
       in Nordafrika und im Nahen Osten viel politische Dynamik, doch das Forum
       dort abzuhalten sei nach wie vor ausgeschlossen. "Die Zivilgesellschaft
       dort tut sich noch unglaublich schwer", sagt Reichelt.
       
       Zum WSF werden auch linksgerichtete Staatschefs wie Evo Morales aus
       Bolivien, Hugo Chávez aus Venezuela sowie der frühere brasilianische
       Präsident Lula da Silva erwartet. Sie alle hatten schon frühere
       Weltsozialforen für Auftritte genutzt. Auch Senegals Präsident Abdoulaye
       Wade hat sich zur Eröffnung des WSF angekündigt. Reichelt sieht das
       kritisch: Es sei nicht üblich, dass Präsidenten das WSF eröffnen. "Das
       Forum ist kein Ort für Parteipolitik." Politiker sollten sich besser den
       Diskussionen auf dem WSF stellen. Das habe den Anspruch, gegenüber jeder
       staatlicher Gewalt unabhängig zu sein. Allerdings treffe das lokale Komitee
       Entscheidungen autonom, der Rat überwache nur das große Ganze.
       
       Im Laufe des Samstags waren tausende Teilnehmer mit Bussen aus West- und
       Zentralafrika in Dakar eingetroffen. Freiwillige nahmen sie an Parkplätzen
       weit außerhalb der Hauptstadt in Empfang. Sie verteilten die
       Teilnehmerausweise, Motorradpolizisten versuchten, den Buskolonnen einen
       Weg durch die vom Stau verstopften Straßen Dakars zu bahnen. Unter ihnen
       war auch die Karawane des Netzwerks [2][Afrique-Europe-Interact], die mit
       hunderten abgeschobenen Flüchtlingen aus Malis Hauptstadt Bamako nach Dakar
       gezogen war. Sie wollen auf dem WSF mit Workshops, Demos und Aktionen vor
       allem gegen die Abschottung der europäischen Grenzen protestieren: Vor
       Westafrikas Küste fängt die spanische Guardia Civil Flüchtlingsboote ab.
       Die Zurückgewiesenen landen oft postwendend in von der EU finanzierten
       Internierungslagern in Mauretanien.
       
       Auf dem weitläufigen Universitätsgelände wurden die Teilnehmer in Zelten
       untergebracht, die offenbar ein Hilfswerk der saudischen Herrscherfamilie
       zur Verfügung gestellt hatte. "Saudi-Arabien - das Königreich der
       Menschlichkeit" stand darauf. Am Samstag hatten auf demselben
       Universitätscampus islamistische Studierende den 32. Jahrestag der
       islamischen Revolution im Iran mit einer Feier begangen. Den bis dahin
       angereisten Globalisierungskritikern war dies offenbar entgangen - zu
       Zusammenstößen kam es nicht.
       
       6 Feb 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.weltsozialforum.org
 (DIR) [2] http://www.afrique-europe-interact.net
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
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