# taz.de -- Mars-Landung steht bevor: Big Brother im Marscontainer
       
       > Nach 250 Tagen im Weltraumsimulator werden am Wochenende drei
       > Crew-Mitglieder auf dem virtuellen Mars landen. Die Mission ist das
       > bisher längste Weltraumsimulations-Experiment.
       
 (IMG) Bild: Der Elektronikingenieur Diego Urbina in seinem "Trainingsraum".
       
       BONN taz | Wenn Alexandr Smoleevskiy und Diego Urbina am kommenden Montag
       als erste Menschen ihre Füße auf die Oberfläche des Planeten Mars setzen,
       werden wohl nicht 500 Millionen Menschen gebannt vor den Fernsehern sitzen,
       wie es noch 1969 bei Neil Armstrongs ersten Schritten auf den Mond der Fall
       war. Das liegt weniger daran, dass die Menschheit sich heutzutage lieber
       DSDS oder Kochshows ansieht, sondern hat vielmehr damit zu tun, dass die
       beiden Wissenschaftler ihren Marsspaziergang lediglich als Teil einer
       Simulation absolvieren.
       
       Diese sogenannte [1][Mars-500-Mission] ist ein gemeinsames Experiment der
       russischen Weltraumagentur [2][Roskosmos] und der europäischen [3][ESA] und
       findet auf dem Gelände des Instituts für Biomedizinische Probleme in der
       Nähe von Moskau statt. Ihr Ziel ist es, einen bemannten Flug zum Mars zu
       simulieren, denn die Herausforderungen, denen sich die Teilnehmer einer
       solchen Mission stellen müssen, sind mit einem Mondflug oder der Arbeit auf
       der Raumstation ISS nicht zu vergleichen.
       
       Während die Besatzung der ISS im Notfall innerhalb kürzester Zeit wieder
       zur Erde zurückkehren kann, sind die Astronauten mit einem Marsflug etwa
       zwei Jahre beschäftigt, bis sie wieder auf der Erde landen. Allein die
       Reise zum Roten Planeten und wieder zurück nimmt jeweils etwa 250 Tage in
       Anspruch. Während dieser Zeit sind die Teilnehmer der Expedition auf
       engsten Raum zusammengepfercht und haben über weite Strecken kaum dringende
       Aufgaben zu erfüllen - Langeweile im Weltraum heißt also das Motto.
       
       Wenn es aber doch etwas zu tun gibt, sind höchste Konzentration und
       Präzision angesagt, denn unter Umständen hängt das Leben der ganzen
       Mannschaft davon ab. Der Frage, wie Menschen mit einer solchen
       Extremsituation umgehen und welche Gruppendynamik sich hier entwickelt,
       will die Mars-500-Mission nachgehen. Außerdem soll sie Aufschlüsse darüber
       bringen, welche Eigenschaften ein Mensch mitbringen muss, um für einen
       Marsflug geeignet zu erscheinen.
       
       Sechs Freiwillige haben sich am 3. Juni 2010 in den Komplex nahe Moskau
       begeben, um das Abenteuer Marsflug zu simulieren. In vier Modulen - einem
       Forschungsmodul, einem Wohnmodul, einem Modul für Essenvorräte und
       Gerätschaften sowie dem Marsmodul - werden hier die verschiedenen Stadien
       eines Marsflugs nachgestellt.
       
       Nun ist der weitgehend ereignislose (simulierte) Hinflug absolviert und am
       Wochenende steht der Höhepunkt der Mission auf dem Programm, Landung und
       Ausflug auf dem Mars. Bis zum 2. März währt diese willkommene Abwechslung
       des täglichen interstellaren Einerleis, dann beginnt der quälend lange
       Rückflug.
       
       Manch einer wird sich nun fragen, ob sich dieser ganze Aufwand überhaupt
       lohnt, ob es jemals eine bemannten Flug zum Mars geben wird. Professor
       Ulrich Walter vom Lehrstuhl für Raumfahrttechnik an der TU München hegt
       diesbezüglich keine Zweifel: "Es wird auf jeden Fall eine bemannte
       Marsmission geben, das ist überhaupt keine Frage", zeigt er sich überzeugt
       und fährt dann fort: "Die Frage ist nur, wann. Man kann nicht beliebig zum
       Mars fliegen im Gegensatz zum Mond. Um zum Mars zu kommen, muss man eine
       gewisse Konstellation zwischen Mars und Erde abwarten, damit Sie auch den
       Mars treffen, wenn Sie auf der Erde losfliegen."
       
       Grundsätzlich könne man alle zwei Jahre von der Erde starten, die optimale
       Konstellation trete jedoch nur alle 18 Jahre ein, das nächste Mal im Mai
       2032. Dann wäre man im Januar 2033 da. Diesen Zeitpunkt hält Professor
       Walter aber noch für zu früh, er geht von einem Marsflug im Jahr 2050 aus.
       
       Diese lange Vorlaufzeit hat durchaus ihre Vorteile. So hat man nicht nur
       genug Zeit, um die technischen Voraussetzungen zu schaffen - bislang gibt
       es noch kein Vehikel, das die Reise absolvieren könnte -, sondern auch, um
       das nötige Kleingeld zu organisieren.
       
       Denn es reicht nicht aus, nur eine Marsmission zu starten, es werden
       wahrscheinlich drei oder vier Missionen nötig sein, wie Raumfahrtexperte
       Walter erläutert: "Das liegt dran, dass man zunächst etwas hinschicken
       muss, das vor Ort Treibstoff herstellt, dann schickt man Menschen nach, die
       wiederum neues Equipment mitbringen, das dann wieder den Treibstoff für die
       nächsten, die kommen, herstellen kann."
       
       Allerdings falle die Anzahl der Missionen im Zusammenhang mit den
       Gesamtkosten nicht allzu stark ins Gewicht. "Man muss immer die Kosten für
       die gesamten Missionen berechnen. Dabei machen die Entwicklungskosten den
       größten Teil aus. Die dürften sich auf etwa 50 Milliarden Dollar belaufen.
       Die Kosten pro Mission werden dann noch 5 bis 10 Milliarden Dollar
       betragen."
       
       Bei vier Missionen macht das immerhin fast 100 Milliarden Dollar aus, das
       ist beileibe kein Pappenstiel, vor allem da der Nutzen solcher Missionen
       nicht unumstritten ist. So gab der Soziologe Amitai Etzioni von der George
       Washington University schon 2004 zu bedenken: Werde etwa durch den Fund von
       Wasser auf dem Mars "mehr Getreide wachsen oder eine Krankheit geheilt? Das
       erweitert nicht mal unseren Horizont."
       
       11 Feb 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://mars500.imbp.ru/en/index_e.html
 (DIR) [2] http://www.federalspace.ru/
 (DIR) [3] http://www.esa.int/SPECIALS/Mars500/index.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Brück
       
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