# taz.de -- Kommentar Organspende: Mein Herz gehört mir
       
       > Am Anfang einer neuen gesellschaftlichen Diskussion über die Organspende
       > muss ein Bekenntnis zum Recht stehen, sich nicht zu erklären und auch
       > nicht zu spenden.
       
       Es ist wie im Kabarett: Wer seinen Führerschein abholen will, bekommt von
       einem Beamten zu hören: "Moment, erst hier unterschreiben, Organspende ja
       oder nein?!" Aber das EU-Parlament und Politiker wie der
       Unionsfraktionsvorsitzende Kauder meinen die "Einwilligungslösung" ernst,
       die jedem eine Entscheidung darüber abnötigt, ob sie oder er zur
       Organspende bereit ist oder nicht.
       
       Die Argumente für diese Nötigung sind schlicht: Der Aufwand sei gering, der
       Nutzen der Organspende erheblich, und in Meinungsumfragen würden ohnehin
       über 70 Prozent der Befragten ihre Bereitschaft zur Spende erklären. Aber:
       Mindestens 90 Prozent der Bevölkerung würden im Umfragen jederzeit
       erklären, dass sie gern Gutes tun. Praktisch tut es trotzdem kaum jemand.
       
       Werbung für Spendererklärungen und Aufklärungskampagnen gibt es in großer
       Zahl. Wenn es trotzdem im Bundesdurchschnitt nur 14,3 Spender auf eine
       Million Einwohner gibt, ist das grundsätzlich zu respektieren.
       
       Das bei anderer Gelegenheit viel beschworene Recht auf Selbstbestimmung
       umfasst auch das Recht, sich nicht zu einer wichtigen Frage zu erklären, es
       erlaubt sogar träge zu sein. Möglicherweise haben viele derer, die keinen
       Organspenderausweis ausgefüllt haben, überdies gute Gründe dafür.
       Vielleicht haben Sie eine Patientenverfügung verfasst, in der sie es
       ablehnen, am Lebensende mit High-Tech-Medizin behandelt zu werden.
       Vielleicht sind sie der Meinung, dass sich der Tod in Würde nicht damit
       vereinbaren lässt, mit funktionierend gehaltenem Kreislauf operiert und von
       Nieren, Leber oder Herz befreit zu werden.
       
       Am Anfang einer neuen gesellschaftlichen Diskussion über die Organspende
       muss - wenn zu einer freiwilligen Entscheidung motiviert und nicht ein
       moralischer Zwang postuliert werden soll - ein Bekenntnis zum Recht stehen,
       sich nicht zu erklären und auch nicht zu spenden.
       
       10 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Oliver Tolmein
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA