# taz.de -- Neue Züge für Regionalverkehr: Talent auf dem Abstellgleis
> Mehr als 80 nagelneue Talent-2-Regionalzüge stehen derzeit bei Berlin auf
> Halde herum, weil sie nicht zugelassen sind. Neue Normen sollen helfen,
> das in Zukunft zu vermeiden.
(IMG) Bild: In Henningsdorf werden sie zusammenmontiert: Talent-2-Züge.
Wenn Berliner oder Berlinbesucher einen Ausflug ins Umland machen, fahren
sie meistens an einen der vielen schönen Seen, um dort – je nach Jahreszeit
– Schlittschuh zu laufen, spazieren zu gehen oder zu baden. Auch
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zog es am Freitag ins
nordwestliche Berliner Umland – nach Hennigsdorf, wo der kanadische
Schienenfahrzeughersteller Bombardier sein größtes Werk in Europa hat.
Erholung suchte Ramsauer dort nicht – im Gegenteil. Er wollte mit der Faust
auf den Tisch hauen, weil dort mehr als 80 nagelneue Regionalzüge auf Halde
stehen, anstatt im Regionalverkehr in Deutschland eingesetzt zu werden.
Grund: Das Eisenbahnbundesamt verweigert wegen technischer Probleme seit
Jahren die Zulassung. Bei den Zügen handelt es sich um sogenannte
Talent-2-Züge, die eine technische Neuentwicklung sind und bis zu 160
Kilometer pro Stunde fahren können.
"Der schneereiche Winterbeginn hat gezeigt, wie wichtig eine ausreichende
Zugreserve ist", sagte Ramsauer. Deswegen sei es ein Unding, dass fertige
Züge nicht in den Einsatz auf die Schiene kämen. Gleichwohl habe die
Sicherheit oberste Priorität. Mehrfach fühlte sich Ramsauer vertröstet;
jetzt brachte er endlich bei Bombardier die Beteiligten an einen Tisch:
Bombardier-Deutschlandchef Klaus Baur, den Präsidenten des
Eisenbahnbundesamtes, Gerald Hörster, und den Infrastrukturvorstand der
Deutschen Bahn AG, Volker Kefer. Offenbar mit Erfolg: "Es gibt keinen
Dissens mehr, wie das Problem gelöst werden kann", freute sich Ramsauer.
Bahn-Vorstand Volker Kefer sah "Licht am Ende des Tunnels".
Im Juni sollen die ersten Züge ausgeliefert werden
Konkret soll nun der erste Typ der neuen Zugreihe Ende Februar oder Anfang
März vom Eisenbahnbundesamt zugelassen werden. Im Juni ist dann die
Auslieferung von 18 Zügen geplant, die nach Nürnberg und in den
Rhein-Sieg-Raum geliefert werden. Bis zum Jahresende erwartet die Deutsche
Bahn dann die Lieferung von mehr als 160 Zügen.
Um künftig solche Probleme zu vermeiden, soll nun der Prozess von
Entwicklung und Zulassung von Zügen neu justiert werden. Immerhin hatten
sich die Hersteller darüber beklagt, dass während der Entwicklung
technische Normen verändert wurden. Ramsauer: "Das ist so, als wenn ein
Hürdenläufer während des Laufes feststellt, dass die Hürden
unterschiedliche Höhen und Formen haben." Neue eisenbahnrechtliche
Vorschriften sollen nun festlegen, dass sieben Jahre lang – von der
Entwicklung bis zur Auslieferung von neuen Zügen – gleiche Normen zu gelten
haben.
"Die Hersteller müssen genügend Zeit für die Entwicklung haben", sagte
Eisenbahnamtschef Hörster. Die Besteller dürften die Produzenten nicht zu
immer kürzeren Entwicklungszeiten drängen, drei bis vier Jahre müssten
eingeplant werden.
Talent-2 sollte eigentlich schon Ende 2009 kommen
Der Talent-2-Zug soll eines der Herzstücke des Regionalverkehrs in
Deutschland werden. Ursprünglich sollte er bereits Ende 2009 ausgeliefert
werden, aber das Eisenbahnbundesamt hatte einige Beanstandungen. So gab es
Probleme mit der Bremse und den Türen, die sich bei Testfahrten von selbst
öffneten.
Im Jahr 2007 hatten die Bahn und Bombardier einen Rahmenvertrag über die
Lieferung von 321 Zügen im Wert von 1,2 Milliarden Euro geschlossen. Die
Talent-2-Züge werden im Bombardier-Werk im brandenburgischen Hennigsdorf
produziert. Dort arbeiten derzeit etwa 2.500 Beschäftigte, rund 500 davon
sind Leiharbeiter. Nur durch den Einsatz von Leiharbeitern sei die nötige
Flexibilität gegeben, Auftragsschwankunen auszugleichen, sagte
Sicherheitsdirektor Dirk Ehlers.
11 Feb 2011
## AUTOREN
(DIR) R. Rother
## ARTIKEL ZUM THEMA