# taz.de -- Mitbestimmung: Beißprobe fürs Beiratsgesetz
       
       > Ein geplanter Beton-Schredder am Waller Feldmarksee sorgt für Unmut. Der
       > Streit um ihn wird zeigen, was die erweiterten Rechte der Beiräte
       > tatsächlich taugen
       
 (IMG) Bild: Die Ruhe trügt. Bald schon könnte hier im Hintergrund eine Schredder-Anlage lärmen.
       
       Die neue Gegnerin des Waller Beirats hat schon so manchen Brocken
       kleingekriegt: Ganze Betonplatten zermalmt die Schredder-Anlage, die das
       Bremer Transport- und Entsorgungsunternehmen Siedenburg im Grünland
       zwischen Blockland-Deponie und Waller Feldmarksee aufstellen will, mühelos
       zu schottergroßen Stücken. Doch die Ortspolitiker aus Walle sind gewillt,
       das lärmende Monster um jeden Preis zu verhindern. "Das ist ein
       Naherholungsgebiet", stellt Wolfgang Golinski, Sprecher des Bauausschusses
       im Beirat Walle, klar. Der Steinbrecher aber, so steht es im Lärmgutachten,
       ist laut wie ein startender Düsenjäger. "Wir sind zu allem bereit", sagt
       Golinski.
       
       Der Streit um die Genehmigung könnte zu einer Nagelprobe werden - für das
       neue Beirätegesetz. Das gibt den Beiräten mehr Mitbestimmungsrechte. Und
       die Waller sind entschlossen, diese auch zu nutzen. Erteilt das Bauressort
       trotz ihres Neins eine Genehmigung, wollen sie die Stadtbürgerschaft mit
       dem Thema befassen. Dann, drückt es Ortsamtsleiter Hans-Peter Mester aus,
       werde sich zeigen, "ob die Waffen stumm sind oder scharf".
       
       Siedenburg-Prokurist Andreas Albrecht kann die Aufregung über den neuen
       Standort seiner Firma nicht ganz nachvollziehen. Das Gelände dort sei seit
       Jahrzehnten für Abfallbehandlungsanlagen und Deponien ausgewiesen,
       Feldmarksee hin oder her. "Da kann sich jetzt niemand hinstellen und sagen:
       ,Das will ich nicht.'", findet er. Das Grundstück solle zudem in erster
       Linie als Zwischenlagerfläche für den Bauschutt dienen. Die mobile, auf
       einen Sattelschlepper passende Schredderanlage solle jeweils nur bei Bedarf
       angemietet und aufgestellt werden. Von einer Lärmbelästigung der
       Erholungssuchenden könne beim geplanten "sporadischen" Schredderbetrieb
       keine Rede sein: "Das entbehrt jeglicher Realität." Vom See aus werde man
       die Anlage nur hören, wenn es ansonsten ruhig sei - angesichts der nahen
       Autobahn ein eher seltener Zustand.
       
       Den Waller Beirat konnte das bisher nicht überzeugen. Den geplanten drei
       Meter hohen Lärmschutzwall "kann man vergessen", sagt Golinski. Und dass am
       See, wie es im Gutachten steht, mit 47 Dezibel nur ein Tausendstel des
       Düsenjägerlärms ankommen sollen, der an der Maschine selbst zu messen ist,
       glaubt er nicht.
       
       Kommende Woche muss Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne) in der
       Stadtbürgerschaft zu dem Projekt Rede und Antwort stehen. Eine Absage wird
       er kaum verkünden. Denn laut Gutachten hält die Anlage alle relevanten
       Lärm- und Staubgrenzwerte ein. Immissionsschutzrechtlich ist sie damit
       nicht zu verhindern - Siedenburg hat vielmehr einen Anspruch auf eine
       Genehmigung. Baurechtlich sieht es nicht viel besser aus: Im
       Flächennutzungsplan ist das Gebiet für Abfallentsorgungsanlagen vorgesehen,
       der Bebauungsplan Nr. 890, noch von 1975, erlaubt die "Verwertung von
       festen Abfallstoffen" und deren Ablagerung. Zwar hat die Baubehörde, nach
       dem Protest aus dem Beirat, eine erneute "baurechtliche Prüfung"
       eingeleitet. Sie wird, wie Sprecher Michael Ortmanns ankündigt, auch das im
       Beirätegesetz vorgeschriebene Einigungsverfahren durchführen.
       
       Die Genehmigung wird das kaum verhindern. Dazu nämlich müsste die
       Bürgerschaft den Bebauungsplan ändern. Laut Ortmanns ist das bisher nicht
       geplant. Die Behörde hofft vielmehr auf einen anderen Ausweg: ein
       Grundstück auf der anderen Seite der Deponie - weiter weg vom See.
       
       15 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Armin Simon
       
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