# taz.de -- Europäischer Profifußball: Miese in Milliardenhöhe
       
       > Mit ihrem geplanten "Financial Fair Play" spielt die Uefa ein
       > gefährliches Spiel: Viele Klubs, die im Champions-League-Achtelfinale
       > stehen, müsste sie bald ausschließen.
       
 (IMG) Bild: Sportlich alles gewonnen, aber finanziell? Inter Mailand.
       
       Es winken Ruhm und Reichtum. Renommee und Reputation. Die 1992 aus der
       Taufe gehobene Champions League hat sich längst als Marke etabliert, der
       weltweit wichtigste Wettbewerb im Klubfußball verfügt über eine so globale
       Strahlkraft, dass die Europäische Fußball-Union (Uefa) mehr als eine
       Milliarde Euro an Einnahmen generiert und die Klubs an einer
       Geldvermehrungsmaschinerie teilhaben lässt. Wer das gerade angelaufene
       Achtelfinale spielt, ist im Grunde schon um rund 20 Millionen Euro reicher;
       wer das Viertelfinale erreicht, erhält weitere 3,3 Millionen Euro Bonus,
       dazu kommen üppige Vergütungen aus den nationalen Marketingpools. Doch bei
       den Verlusten stehen noch ganz andere Zahlen.
       
       "Die Spiele werden auf der Kostenseite entschieden", sagt Christian
       Seifert. Der Vorsitzende der Deutschen Fußball-Liga (DFL) verweist darauf,
       dass Titelverteidiger Inter Mailand in der vergangenen Saison ein Minus von
       150 Millionen Euro verbucht habe - ausgeglichen von Öl-Tycoon und
       Inter-Patron Massimo Moratti. Die Mailänder, die am 23. Februar und 15.
       März gegen den FC Bayern antreten, sollten sich ein Beispiel an der
       deutschen Konkurrenz nehmen, findet Seifert: "Der FC Bayern ist der
       wirtschaftlich am besten geführte Topklub Europas."
       
       Bei vielen der namhaftesten Großklubs habe ein so ungesundes Wettrüsten
       eingesetzt, dass die Einführung eines "Financial Fair Play" seitens der
       Uefa unerlässlich sei. "Es gibt kein Zurück mehr", sagte Uefa-Präsident
       Michel Platini unlängst, "wir wollen die Vereine schützen, nicht
       verfolgen." Der Franzose droht mit Ausschlüssen aus der Königsklasse, für
       die in dieser Spielzeit allein elf aktuell teilnehmende Klubs keine
       Zulassung erhalten hätten, wäre das Financial Fair Play bereits erlassen
       worden. "Es ist erfreulich, dass die Schwerter wieder gleich lang werden
       sollen", hofft der ehemalige Fifa- und Uefa-Funktionär Guido Tognoni, der
       Platini "für einen Idealisten" hält, der es sich aber nicht leisten könne,
       dieses ehrgeizige Vorhaben nicht umzusetzen: "Dann wäre auch sein Name
       beschädigt."
       
       Die Maßnahmen: Schon ab der Saison 2011/2012 soll die Neuverschuldung der
       Spitzenklubs drastisch reduziert werden. In einer dreijährigen
       Übergangsfrist bis 2014 ist noch ein Minus bis zu 45 Millionen Euro
       zulässig, dann nur noch 30, danach geht die Schmerzgrenze weiter
       schrittweise runter. Uefa-Studien besagen nämlich, dass allein im Jahre
       2009 der europäische Klubfußball 1,2 Milliarden Euro neue Schulden gemacht
       hat. Die 644 Millionen Euro, die die Bundesliga jüngst als
       Verbindlichkeiten ausgewiesen hat, nehmen sich nahezu bescheiden aus
       gegenüber jenen 3,9 Milliarden, mit denen die englische Premier League
       belastet ist. Die Primera División in Spanien drücken 3,5 Milliarden, die
       italienische Serie A noch 1,8 Milliarden Miese. Ein Hauptgrund sind die
       hohen Personalkostenquoten. In England fließen 67 Prozent des Etats in die
       Spielergehälter, in Spanien und Italien nicht viel weniger.
       
       Wie konsequent kann die Uefa als Aufsichtsbehörde sein? Seifert: "Die Uefa
       agiert an einer Schnittstelle zur Glaubwürdigkeit." Denn dann dürfte es
       unvermeidlich werden, sich mit den Zugpferden anzulegen, deren Gönner meist
       bestens vernetzt sind, weil der Fußball als Türöffner in Wirtschaft und
       Politik hilfreich ist. Juristen fahnden für diese Klubs bereits nach
       Schlupflöchern: Gerade über den Verkauf von Marketing- und Sponsorenrechte
       seien Tricksereien möglich, heißt es. "Dem totalen Wildwuchs", glaubt
       Seifert dennoch, "wird Einhalt geboten."
       
       In der Gegenwart allerdings noch nicht: Selbst der mit 400 Millionen Umsatz
       operierende FC Barcelona, der am Mittwoch beim FC Arsenal antritt, musste
       zuletzt einen Verlust von fast 80 Millionen einräumen, nachdem Expräsident
       Joan Laporta eine gefälschte Bilanz präsentiert hatte. Manchester City,
       derzeit in der Europa League aktiv und aus Abu Dhabi alimentiert, hat
       jüngst 141 Millionen Miese vermeldet.
       
       Und der hochgezüchtete FC Chelsea, der im Achtelfinale auf den FC
       Kopenhagen trifft, hat in diesem Winter - nur zwei Tage nachdem die
       Londoner ein Defizit von mehr als 80 Millionen Euro fürs laufende
       Geschäftsjahr bekanntgaben - gleich mal wieder 74 Millionen in Fernando
       Torres und David Luiz investiert. Öloligarch Roman Abramowitsch, der die
       "Blues" summa summarum mit rund 880 Millionen Euro bezuschusst hat, möchte
       eben partout die Königsklasse mal gewinnen. Ein ausgeglichener Haushalt an
       der Stamford Bridge ist da doch zweitrangig.
       
       15 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Frühsport
       
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