# taz.de -- Kampf gegen strukturellen Sexismus: Der lange Weg zur Sichtbarkeit
> Kunst von Frauen keine gute Investition? Dagegen lehnen sich
> Künsterlinnen auf. Lynn Hershman Leeson erzählt ihre Geschichte in
> "!Woman Art Revolution - A Secret History" (Panorama).
(IMG) Bild: Plakat der Guerilla Girls, Dokument aus "!Woman Art Revolution – A Secret History".
Es ist eine große Freude, die 70-jährige Lynn Hershman Leeson, Künstlerin,
Feministin und Pionierin neuer Techniken, in Berlin treffen zu können.
Gerade hatte ihr Film "Woman Art Revolution - A Secret History" auf der
Berlinale Europapremiere. Ihn hat Leeson aus Gesprächen mit internationalen
Künstlerinnen montiert, die sie in über 40 Jahren gesammelt hat.
1966 - es war die Zeit des Civil Rights und Free Speech Movement, der Black
Panther Party und der Anti-Vietnam-Bewegung - führte Leeson die ersten
Interviews mit Künstlerinnen: "Es war eine besondere Zeit und ich hatte das
Gefühl, dass es wichtig war, dies zu dokumentieren. Ich fing an, die
Künstlerinnen in meinem Wohnzimmer mit einer Videokamera zu interviewen.
Das war lange, bevor es überhaupt die Feminist Art Movement gab." So
entstanden wertvolle Zeitdokumente mit heute international renommierten
Künstlerinnen wie Yoko Ono, Yvonne Rainer, Carole Schneemann, Martha
Rosler. Künstlerinnen gründeten die "Women Art in Revolution", kurz W. A.
R., und forderten öffentlich, dass Kunst von Frauen angekauft und in Museen
gezeigt werde.
Lynn Hershmann Leeson war Mitbegründerin dieser Bewegung. Sie erzählt, dass
ein fotografisches Selbstporträt von einem Sammler wieder zurückgegeben
wurde, als er erfuhr, dass es ihr Werk - das einer Künstlerin - war. Kunst
von Frauen sei keine gute Investition, so seine Begründung. Nicht gekauft,
nicht ausgestellt, nicht existent, war eine Erfahrung vieler Künstlerinnen.
Leesons Film dokumentiert eine Debatte 1990 im kalifornischen Kongress: Ist
das Kunst? Für den Republikaner Robert K. Dornan sind die auf Teller
gemalten bunten Vaginainterpretationen bzw. skulpturalen Keramikgebilde
Pornografie. Der afroamerikanische Abgeordnete Ronald Dellums zweifelt am
Pornografie-Vorwurf und zieht einen Vergleich mit dem Militär und dessen
"unschuldigen" Phallussymbolen. Gegenstand der Diskussion ist eine am
Museum of Modern Art in San Francisco gezeigte Installation von Judy
Chicago, "The Dinner Party". 39 Frauen nahmen daran teil, 999 wurden
erwähnt: ein Angriff auf die patriarchale weiße Geschichtshegemonie.
Chicago wollte damit, wie sie im Film erzählt, Frauen auf ein
gleichberechtigtes heroisches Level westlicher Geschichte stellen.
Der Film gibt Frauen eine Stimme und ein Gesicht, die Teil der Feminist Art
Movement waren. Performances und Installationen, die maßgeblichen Einfluss
auf ein heutiges erweitertes Verständnis von Kunst und Gesellschaft haben,
ergänzen die Interviews. Dass der Kampf gegen den strukturellen Sexismus
bis heute andauert, auch das belegen Leesons Gespräche.
2003 brachte die SciFi-Komödie "Teknolust" die Regisseurin nahe an die
private Insolvenz. Da entschloss sie sich, aus hunderten Stunden Interviews
mit Freundinnen, Kolleginnen und Kunsthistorikerinnen einen Film zu machen
und das gesamte Archiv an die Standford University zu verkaufen: "Ich hatte
diese vielen Kisten an Filmmaterial und mir wurde plötzlich bewusst, wie
wertvoll und wichtig es ist, die eigene Geschichte zu erzählen." Stipendien
und die finanzielle Unterstützung von Frauen machten es möglich.
Die wechselnden Mitglieder des Künstlerinnenkollektivs Guerilla Girls
zeigen in den Interviews ihre Gesichter nicht, und so fordert eine
Gorilla-Maske die jüngere Generation auf, sich die feministische
(Kunst-)Geschichte anzueignen und weiterzukämpfen. Auf einem Flugblatt
(1989/95) der Girls heißt es: "5 % der Künstler in der Abteilung Moderne
Kunst des Metropolitan Museum in New York sind Frauen, aber 85 % der
Nacktdarstellungen sind weiblich.
18 Feb 2011
## AUTOREN
(DIR) Sophie Goltz
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