# taz.de -- Kommentar Verhältnis Italien-Libyen: Ein Freund muss gehen
       
       > Das gute Verhältnis von Italien und Libyen ist jetzt allen anderen
       > EU-Staaten zuwider. Bis vor kurzem kam es ihnen noch gelegen, hielt es
       > ihnen doch Flüchtlinge vom Hals.
       
 (IMG) Bild: Eine Stadt nach der nächsten fällt: Aufständische in Shahat im Osten Libyens.
       
       Kein anderes Land der EU hatte in den letzten Jahren so enge Bande mit
       Gaddafi geknüpft wie Italien. Und keine Regierung brauchte so lange wie die
       in Rom, um Worte des Abscheus zu finden für das Schlachten in Bengasi oder
       Tripolis.
       
       Einfach zu gut waren die Beziehungen: Libyen schottete seine Grenzen ab,
       hielt die Flüchtlinge aus Schwarzafrika in Lagern gefangen - und Italien
       dankte mit Milliardensubventionen, unter anderem für eine Küstenautobahn,
       die von italienischen Baukonzernen errichtet werden sollte. Die als
       geschmacklose Shows zelebrierten Gaddafi-Besuche in Rom bildeten dazu das
       folkloristische Beiwerk.
       
       Degoutant fanden das wohl die meisten anderen europäischen Staatenlenker.
       Zugleich aber war es ihnen auch recht, dass Libyen und Italien der EU ein
       Problem vom Hals schafften. Protest gegen das oft menschenrechtswidrige
       Treiben auf hoher See wie in den libyschen Lagern war jedenfalls weder aus
       Brüssel noch aus den europäischen Hauptstädten zu vernehmen.
       
       Da überrascht es nicht, dass Italien angesichts womöglich drohender neuer
       Flüchtlingsströme jetzt Europa in Mithaftung nehmen möchte. Die Zahlen von
       Millionen, die demnächst den Weg übers Meer antreten, dienen auch dazu:
       präventiv eine Kostenbeteiligung der anderen EU-Staaten durchzusetzen. Vor
       allem aber werden die Alarmglocken geläutet, um aus dem Schaden eines
       möglichen Sturzes Gaddafis wenigstens ein bisschen innenpolitischen Nutzen
       herauszuzaubern.
       
       "Das nützt Berlusconi, und das nützt auch uns", kommentierte der Chef der
       Lega Nord, Umberto Bossi: Mit dem angeblich ins Haus stehenden "Exodus
       biblischen Ausmaßes" lässt sich trefflich die Aufmerksamkeit weg von
       Berlusconis jüngsten Skandalen und hin zu fremdenfeindlicher Panikmache
       lenken. Und mit ein bisschen Gezeter über "Europa, das uns allein lässt",
       ist auch schon der Schuldige ausgemacht, wenn bei der nächsten
       Flüchtlingswelle das gleiche Chaos entsteht wie vor zehn Tagen in
       Lampedusa.
       
       24 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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