# taz.de -- Urteil in den USA: Bayer muss auf "Bhopalgas" verzichten
       
       > Ein US-Gericht hat dem Bayer-Konzern die Herstellung von Methylisocyanat
       > erneut untersagt. In Indien führte es 1984 zum Tod tausender Menschen.
       
 (IMG) Bild: Hier ist man verärgert über die US-Entscheidung: Werksgelände von Bayer in Leverkusen.
       
       WASHINGTON taz | Ein US-Bundesrichter hat dem Bayer-Konzern erneut die
       Herstellung von Methylisocyanat (MIC), besser bekannt als "Bhopalgas", per
       einstweiliger Verfügung untersagt. Joseph Goodwin ordnete am Mittwoch an,
       dass ein externer Gutachter die Fabrik in West Virgina inspizieren soll.
       Der Richter reagierte damit auf die Klage von 16 AnwohnerInnen. Sie
       versuchen seit der Katastrophe im indischen Bhopal, bei der im Dezember
       1984 mehrere tausend Menschen ums Leben kamen, die Giftproduktion in
       Institute in West Virginia loszuwerden.
       
       Die Anwälte von "Bayer CropScience" haben bis zuletzt versucht, eine
       Verlängerung der erstmals Anfang Februar verhängten einstweiligen Verfügung
       zu verhindern. Noch in dieser Woche legten sie dem Richter ein von Bayer
       CropScience in Auftrag gegebenes Gutachten vor, das belegen soll, dass der
       Konzern alle Sicherheitsregeln für die Produktion von MIC einhält.
       
       Ganz anders liest sich ein Brief von Rafael Moure-Eraso, Präsident der
       Aufsichtbehörde Chemical Safety Board. Er schreibt an Lisa Jackson, die
       Chefin der US-Umweltbehörde EPA, sowie an den Arbeitsschutz OSHA, dass
       Bayer CropScience lediglich 95 Prozent der Sicherheitsauflagen bei der
       MIC-Produktion erfülle. Unter anderem fehlten schriftliche Verhaltensregeln
       und sei die Ausbildung des Personals für den Umgang mit einer neuen
       MIC-Anlage noch nicht abgeschlossen.
       
       Institute im Kanawha-Tal in West Virginia galt einmal als Chemiezentrum der
       Welt. Die Fabrik, in der unter anderem MIC hergestellt wird, existiert seit
       1947. Und sie hat nacheinander den Großen der Branche gehört: Union
       Carbide, Rhône-Poulenc und Aventis. Seit 2002 wird sie von Bayer
       CropScience betrieben. Institute ist weltweit das einzige Bayer-Werk, das
       MIC produziert. Der deutsche Chemieriese benutzt MIC, um Aldicarb
       herzustellen, den Wirkstoff des Pestizids Temik. Letzteres wird in den USA
       unter anderem bei der Kartoffelzucht eingesetzt.
       
       Im August 2008 kam es in dem Werk zu einer Explosion. Dabei kamen zwei
       Arbeiter ums Leben. Zwar war das MIC-Depot nicht von der Explosion
       betroffen. Doch die AnwohnerInnen verlangen seither umso stärker ein Ende
       der MIC-Produktion.
       
       Ein Jahr nach der Explosion entschied Bayer CropScience, seine
       MIC-Lagerbestände um 80 Prozent zu reduzieren. Nach Umbauarbeiten für die
       verkleinerte Lagerhaltung sollte die MIC-Produktion in diesem Februar
       wieder aufgenommen werden. Allerdings nur noch für 18 Monate, wie der
       Konzern im Januar ankündigte. Bayer CropScience-Sprecher Ray Seneca
       begründet den für 2012 geplanten Ausstieg aus MIC damit, dass es "modernere
       Herbizide" gäbe und dass Bayer CropScience keine Produkte der (toxischen)
       "WHO+1"- Kategorie mehr herstellen wolle.
       
       Für die Inspekteure der US-Umweltbehörde EPA ist das Werk in Institute ein
       alter Bekannter. Seit 1982 mussten Bayer bzw. seine Vorgänger mehr als
       200.000 Dollar Strafe zahlen und mehr als 1,3 Millionen Dollar für
       Verfügungen durch die EPA ausgeben. Auch die Umweltbehörde des Bundesstaats
       West Virginia hat zahlreiche Inspektionen in dem Werk durch geführt.
       
       Am Mittwoch hat Richter Goodwin den Chemieingenieur Sam Mannan zum externen
       Experten bestimmt. Er soll die "Wahrscheinlichkeit eines Risikos eines
       Zwischenfalls mit MIC in der Bayer-Anlage" prüfen. Am 14. März soll der
       Experte dem Richter empfehlen, ob erneut MIC produziert werden darf oder
       nicht. Anschließend ist ein öffentliches Hearing geplant.
       
       25 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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