# taz.de -- Euro-Krise: Deutsche bei Löhnen bescheiden
> Die Arbeitskosten in Deutschland steigen nur moderat. Folge: Die
> Exportkraft nimmt zu, doch der Konsum stagniert. Darunter leiden auch
> EU-Partner.
(IMG) Bild: Die Deutschen halten sich beim Konsum zurück - die Binnennachfrage stagniert.
BERLIN taz | Die wirtschaftlichen Ungleichgewichte in Europa, die eine
Ursache der Euro-Krise sind, bleiben auch wegen der Lohnentwicklung in
Deutschland groß. Das zeigt eine am Dienstag vorgestellte Studie des
gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung
(IMK). Der unterdurchschnittliche Anstieg der Arbeitskosten in der
Bundesrepublik trage zwar zum Erfolg deutscher Unternehmen auf
internationalen Märkten bei, sagte IMK-Chef Gustav Horn am Dienstag in
Berlin. "Aber das hat seinen Preis - die relativ schwache Binnennachfrage
in Deutschland."
Und die hat eine internationale Dimension: Denn unter dem schwachen Konsum
in Deutschland leiden auch die Importe - auch aus kriselnden
EU-Partnerländern wie Griechenland, Spanien und Portugal. Um ein
europäisches Gleichgewicht herzustellen, müssten dort die Löhne stärker
sinken und in Deutschland stärker steigen, als es im Moment zu erwarten
ist. "Wir rechnen in Deutschland mit einem Lohnplus von zwei Prozent in
diesem Jahr", sagte Horn. Nötig und der Produktivitätssteigerung
angemessen, wären aber drei bis 3,5 Prozent.
Die aktuelle Entwicklung der deutschen Arbeitskosten, die in der Krise
vorübergehend gestiegen sind, setzt laut IMK-Studie den moderaten Trend des
vergangenen Jahrzehnts fort. Zwischen 2000 und 2009 stiegen die
Arbeitskosten in Deutschland demnach nominal um durchschnittlich 1,9
Prozent pro Jahr; im Durchschnitt der Länder der Eurozone betrug die
jährliche Zunahme jedoch 2,9 Prozent. In EU-Beitrittsländern wie Slowenien,
Tschechien und Ungarn lag sie zwischen 6,9 bis 8,9 Prozent. Zu den
Arbeitskosten zählen neben dem Bruttolohn die Arbeitgeberanteile an den
Sozialbeiträgen.
In absoluten Zahlen aber liegt Deutschland bei den Arbeitskosten im oberen
europäischen Mittelfeld. 2009 mussten deutsche Arbeitgeber in der
Privatwirtschaft im Durchschnitt 29 Euro pro geleistete Arbeitsstunden
zahlen. Höher liegen diese Kosten in sechs EU-Ländern: In Belgien,
Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Schweden und den Niederlanden müssen
zwischen 37,2 und 29,8 Euro je Stunde ausgegeben werden. In allen anderen
Ländern ist es weniger als in Deutschland, wobei Finnland, Österreich und
Italien ebenfalls im Mittelfeld liegen. Deutlich weniger zahlen Unternehmer
in Spanien (19,9 Euro je Stunde), in Großbritannien (18,8 Euro je Stunde)
und in Griechenland (17,8 Euro je Stunde). Am unteren Rand stehen Polen und
Ungarn mit 7,5 beziehungsweise 7,3 Euro pro Arbeitsstunde.
Auffallend ist, dass die Arbeitskosten der deutschen Industrie relativ hoch
sind, während sie im privaten Dienstleistungssektor europäisches Mittelmaß
sind. Der große Abstand zwischen Industrie und Dienstleistungssektor sei
eine Besonderheit der Bundesrepublik, erklärte Wissenschaftler Horn.
Ursache sei, dass es in Deutschland keinen gesetzlichen Mindestlohn gebe.
1 Mar 2011
## AUTOREN
(DIR) Richard Rother
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Debatte Arbeitswelt: Moderne Tagelöhner
Keine andere Branche wächst derzeit so rasant wie die Leiharbeit. Der
Abwärtstrend bei Löhnen und Arbeitsstandards wird auf diesem Weg
beschleunigt.