# taz.de -- Neuer Libyen-Skandal in Frankreich: Alptraumhafte Mittelmeerferien
       
       > Sarkozys Ghostwriter weilte zum Jahreswechsel in Libyen: Immer wenn in
       > einem nordafrikanischen Land die Revolution ausbricht, hat ein Pariser
       > Politiker gerade dort Urlaub gemacht.
       
 (IMG) Bild: Ist vergleichsweise glimpflich davongekommen: Sarkozys Sonderberater Henri Guaino.
       
       PARIS taz | Die Zukunft französischer Politiker lässt sich nicht aus dem
       Kaffeesatz lesen, sondern aus den Urlaubssouvenirs. Schwarz sieht es da aus
       für jene, die ihren Urlaub in Nordafrika gebucht hatten und dort womöglich
       zu Zaungästen der Repression oder der Revolution wurden.
       
       Verhängnisvoll sogar wird es für Regierungsmitglieder, die sich in jenen
       Tagen nach Tunesien oder Ägypten einladen ließen. Die bisherige
       Außenministerin Michèle Alliot-Marie verlor ihren Job, weil sie samt Eltern
       und Lebensgefährte Ende Dezember Gratisflüge eines mit der inzwischen
       gestürzten tunesischen Herrscherfamilie vertrauten Geschäftsmanns
       akzeptierte und dies anschließend vertuschen wollte.
       
       "MAM", wie sie allgemein genannt wird, dient heute allen als abschreckendes
       Beispiel. Kleinlaut geworden ist Premierminister François Fillon. Er hatte
       bei seinem Familienurlaub am Nil die gewiss ganz unverbindliche und
       uninteressierte Hilfe seines Freundes Husni Mubarak in Anspruch genommen.
       
       Man versteht jetzt besser, warum er seiner Ex-Außenministerin so eifrig
       bescheinigt, sie habe "keinen moralischen Fehler" begangen, der eine
       Sanktion verdiene. Präsident Nicolas Sarkozy übrigens hängt nicht an die
       große Glocke, wem der Palast in Marokko gehört, wo er am Jahresende bereits
       zum zweiten Mal mit Carla Gast war. Seine Ausflüge auf Kosten der Gastgeber
       nach Jordanien und Ägypten, die kaum als Arbeitsbesuche deklariert werden
       können, betrachtet er bestimmt als verjährt.
       
       Er habe nichts zu verbergen, behauptet jetzt auch Sarkozys Sonderberater
       und Ghostwriter Henri Guaino, der den Jahreswechsel in Libyens Hauptstadt
       Tripolis verbrachte. Er sei dort nicht von Oberst Gaddafi untergebracht
       oder empfangen worden, sondern habe beim mit ihm befreundeten französischen
       Botschafter gewohnt. Er habe auch sein Flugticket selber beglichen, und
       niemand habe ihm "ganz zufällig auf der Landepiste" einen Gratisflug
       angeboten, meinte Guaino ironisch in Anspielung auf eine der faulen
       Ausreden der abgesetzten Außenministerin.
       
       Bezeichnend ist hingegen, wie beflissen und detailliert dieser
       Sonderberater auf die frechen Fragen des Trendmagazins Inrockuptibles
       antwortet. "Es war mir ein Vergnügen, Ihnen von meinen Ferien zu erzählen",
       sagte er erleichtert zum Abschluss des verhörartigen Interviews, wohl
       wissend, dass anderen ihre Urlaubserinnerungen im Maghreb oder am Nil wahre
       Alpträume bescheren.
       
       Viel reellere Sorgen wegen ihrer Connections plagen gewisse französische
       Industriesektoren. Sie fragen sich, was nun aus den oft milliardenschweren
       Verträgen wird, welche die bereits gestürzten oder demnächst fälligen
       arabischen Herrscher mit Frankreich unterzeichneten, als sie in Paris noch
       als Ehrengäste empfangen worden. In der Schiffswerft von Saint-Nazaire
       beispielsweise wurde im Dezember mit dem Bau eines Luxuskreuzfahrtschiffs
       für 500 Millionen Euro begonnen, das Gaddafis Sohn Hannibal im Namen seiner
       staatlichen Reederei GNMTC bestellt hat.
       
       Darauf hätte es später bestimmt auch Platz für hochgestellte französische
       Politiker, die noch im letzten Jahr diesen Vertrag als "Beweis für die
       ausgezeichneten Beziehungen zwischen Tripolis und Paris" gefeiert hatten.
       
       "Für Gaddafi wird die Zeit wohl nicht mehr reichen, um Hannibals Spielzeug
       zu testen und sich (mit dem neuen Luxusdampfer) ins Exil auf eine einsame
       Insel zu begeben", meint dazu sarkastisch Ulrich Delius von der
       Gesellschaft für bedrohte Völker. Verbittert sind wohl hingegen die
       Werftarbeiter am Atlantik, die um ihre Jobs bangen - und an Urlaub am
       Mittelmeer nicht mal zu denken wagen.
       
       2 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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