# taz.de -- Festnahme von Journalisten in der Türkei: Abgeholt und festgehalten
       
       > Zehn kritische Journalisten wurden inhaftiert. Ihnen wird eine
       > Verschwörung zum Putsch gegen die Regierung vorgeworfen. Die USA und die
       > EU sind empört.
       
 (IMG) Bild: Stiller Protest: hunderte Journalisten demonstrieren in Ankara gegen die Festnahmen.
       
       ISTANBUL taz | Am Donnerstag wurden in der Türkei zehn teils sehr
       prominente Journalisten festgenommen. Der türkische Journalistenverband
       organisierte daraufhin am Freitag eine Demonstration in Istanbul und vor
       der Parteizentrale der regierenden AKP in Ankara, das US-Außenministerium
       äußerte sich besorgt, und EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle warnte die
       türkische Regierung vor massiven Verletzungen der Meinungsfreiheit.
       
       Der bekannteste unter den verhafteten Journalisten ist Nedim Sener, der
       zuletzt eine umfangreiche Recherche über den Mord an dem armenischen
       Journalisten und Menschenrechtler Hrant Dink veröffentlicht hatte. In dem
       Buch beschreibt er, wie Polizisten die Ermittlungen verschleppt haben und
       die Hintermänner des Attentats gedeckt werden.
       
       Sener und neun weitere Journalisten wurden im Morgengrauen von
       Polizeikommandos abgeholt, ihre Wohnungen durchsucht, Archivmaterial wurde
       beschlagnahmt. Als Nedim Sener abgeführt wurde, rief er den umstehenden
       Nachbarn zu: "Sie verhaften mich, weil ich Gerechtigkeit für Hrant Dink
       will."
       
       Allen zehn wird vorgeworfen, sie seien in eine Verschwörung zum Putsch
       gegen die Regierung verwickelt, was insbesondere im Fall Sener und Ahmet
       Sik absurd ist. Beide gehören zu den Journalisten, die immer wieder
       Menschenrechtsverletzungen durch den Geheimdienst oder andere
       Sicherheitskräfte öffentlich gemacht haben.
       
       Der konkrete Zusammenhang ergibt sich angeblich aus Kontakten zu Soner
       Yalcin, dem vor drei Wochen verhafteten Chefredakteur des Onlinedienstes
       Odatv, dessen übrige Mitarbeiter jetzt auch festgenommen wurden. Zu der
       Verhaftung des regierungskritischen Soner Yalcin hatte sich der
       US-Botschafter in Ankara kritisch geäußert, was wiederum Ministerpräsident
       Tayyip Erdogan zu der Behauptung veranlasste, in der Türkei gäbe es mehr
       Meinungsfreiheit als in den USA.
       
       Die türkischen Presseverbände sehen die Meinungsfreiheit in akuter Gefahr.
       "Unter dem Vorwand, gegen Putschisten zu ermitteln, werden allmählich
       sämtliche oppositionellen Autoren, Journalisten und Satiriker bedroht",
       sagte Ahmet Abakay, Vorsitzender des Verbandes der zeitgenössischen
       Journalisten. Ertugrul Mavioglu, Nachrichtenchef der linksliberalen Zeitung
       Radikal, der mit dem verhafteten Ahmet Sik eng zusammengearbeitet hat,
       sagte sogar, die Verfolgung missliebiger Journalisten in der Türkei
       erinnere an die McCarthy-Ära in den USA.
       
       4 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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