# taz.de -- Schwere Schäden nach Erdbeben in Japan: Tsunami-Alarm im ganzen Pazifik
       
       > Nach einem Erdbeben hat in Japan eine Tsunami-Welle die Küste erreicht
       > und schwere Schäden angerichtet. Brand in einem Atomkraftwerk.
       > Evakuierungen in Russland, Hawaii, Marianen.
       
 (IMG) Bild: Eine gewaltige Welle bei Natori, im Nordosten Japans.
       
       TOKIO/MANILA/MOSKAU/PEKING dpa/dpad/reuters/afp | Nach dem schweren
       Erdbeben vor der Ostküste Japans hat laut Medienberichten eine zehn Meter
       hohe Tsunami-Welle die Küste erreicht. Die Welle erreichte demnach am
       Freitag die Hafenstadt Sendai. Auch die Küste der südlich von der Stadt
       Sendai gelegenen Präfektur Fukushima wurde nach Meldungen der
       Nachrichtenagentur Kyodo von einem sieben Meter hohen Tsunami überflutet.
       Durch das schwere Beben vor der Küste Japans und den anschließenden Tsunami
       sind hunderte Menschen ums Leben gekommen. Allein in der von einer
       Flutwelle heimgesuchten Stadt Sendai im Nordosten des Landes seien 200 bis
       300 Leichen an einem Strand gefunden worden. Weitere Menschen würden
       vermisst. Der japanische Sender NHK berichtete überdies unter Berufung auf
       Polizeiangaben, dass ein Schiff mit etwa hundert Menschen an Bord von einem
       Tsunami mitgerissen wurde. In der japanischen Küstenregion Miyagi wird ein
       Zug vermisst.
       
       Dem Tsunami vorweggegangen war ein Erdbeben der Stärke 8,9, das stärkste,
       das je in Japan gemessen wurde. Es ereignete sich gegen 14.45 Uhr Ortszeit
       (06.45 Uhr MEZ). Das Epizentrum lag 130 Kilometer östlich der Stadt Sendai
       und knapp 400 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Tokio. Es folgten mehr
       als 20 zum Teil heftige Nachbeben. Der Leiter des Goethe-Instituts in
       Tokio, Raimund Wördemann, sagte: "Es bebt die ganze Zeit." Er sitze mit
       einem Helm unter dem Schreibtisch.
       
       ## Atomarer Notstand ausgerufen
       
       An den Atomkraftwerken in dem betroffenen Gebiet seien keine Schäden zu
       verzeichnen, sagte Japans Premierminister Naoto Kan am Freitag.
       Gleichzeitig berichtet der Sender NHK, dass der Premier eine Sondereinheit
       zum Schutz von Anwohnern im atomaren Notfall geschaffen hat. Die Agentur
       Jiji hatte gemeldet, dass im Akw Tepco Fukushima Daiichi das Kühlsystem
       ausgefallen sei. Dies wurde kurz darauf dementiert. Nach dem Ausfall des
       Kühlsystems rief Japan den atomaren Notstand aus. Kyodo meldete außerdem,
       dass im Akw Onagawa der Firma Tohuko Elec ein Feuer ausgebrochen ist. Laut
       der UN-Atomenergiebehörde IAEA sind die vier Kernkraftwerke, die dem
       Epizentrum am nächsten liegen, sicher abgeschaltet. Austritt von
       radioaktivem Material wurde nicht gemeldet. Im Jahr 2007 war aus dem
       japanischen Atomkraftwerk Kashiwazaki-Kariwa nach einem Erdbeben radioaktiv
       verseuchtes Wasser ausgetreten und ins Meer gelangt.
       
       Das Beben hat offenbar auch einen Großbrand in einer Raffinerie ausgelöst.
       Der Industriekomplex in der Stadt Iichihara im Großraum Tokio stand am
       Freitag in Flammen, wie im japanischen Fernsehen zu sehen war. Die Anlage
       wird von dem japanischen Erdölkonzern Cosmo Oil betrieben. In Chiba geriet
       nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo eine Stahlfabrik in Brand.
       
       Ein Sprecher der japanischen Regierung erklärte, in das Katastrophengebiet
       würden Soldaten entsandt. Das Verteidigungsministerium ordnete laut Kyodo
       den Start von acht Kampfflugzeugen an; die Piloten sollen einen ersten
       Überblick zu den Schäden erstellen.
       
       Auch aus anderen Orten Japans wurden schwere Schäden gemeldet. Über Teilen
       der Stadt Yokohama stiegen schwarze Rauchwolken auf. Fernsehbilder zeigten
       eine gewaltige Flutwelle, die auf die Ostküste traf. Boote wurden gegen die
       Küste geschleudert und Autos ins Meer gespült. Die Region war erst am
       Mittwoch von einem Erdbeben der Stärke 7,3 getroffen worden. Das Beben war
       allerdings glimpflich verlaufen.
       
       In der nordostjapanischen Präfektur Tochigi schwemmte der Tsunami in Autos
       und Häusern Menschen weg, berichtete der japanische Fernsehsender NHK. Die
       örtlichen Behörden seien nicht in der Lage, den Menschen zur Hilfe zu
       kommen. Die Katastrophe sei so schlimm, dass selbst örtliche
       Rettungsdienste zusammengebrochen seien.
       
       ## 
       
       Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat sich bestürzt über das Erdbeben
       in Japan geäußert und deutsche Hilfe angeboten. "Ich möchte zunächst einmal
       unsere Anteilnahme zum Ausdruck bringen", sagte Westerwelle im
       ZDF-Morgenmagazin. Noch habe das Auswärtige Amt keine Übersicht über die
       Folgen, über etwaige Opferzahlen der Katastrophe. "Ein so schweres Erdbeben
       ist natürlich auch für Japan ein wirklicher Schicksalsschlag", sagte er
       weiter. "Es ist natürlich so, wenn Hilfe erforderlich sein sollte, dann
       werden wir Deutsche natürlich unserem Partnerland Japan auch zur Hilfe
       kommen." Das Auswärtige Amt hat zudem eine Telefonnummer eingerichtet
       (030/50003000), unter der sich Angehörige von Deutschen in Japan
       informieren können.
       
       Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Japan deutsche Hilfe zur Bewältigung
       der Tsunami-Katastrophe zugesagt. In einem Telegramm an den japanischen
       Ministerpräsidenten Naoto Kan schrieb sie am Freitag: "Seien Sie
       versichert, dass Deutschland in diesen tragischen Stunden an der Seite
       Japans steht und zur Hilfe bereit ist." Der stellvertretende
       Regierungssprecher Christoph Steegmans sagte, konkrete Hilfsleistungen
       würden zwischen den Ministerien abgestimmt. Derzeit gebe es aber noch keine
       Anforderungen der japanischen Behörden.
       
       Das Erdbeben in Japan könnte die Anleger am Freitag vom deutschen
       Aktienmarkt ferngehalten haben haben. Der Dax fiel in den ersten Minuten um
       1,3 Prozent auf 6973 Zähler. "Der hohe Ölpreis, die ungelöste europäische
       Schuldenkrise und jetzt noch das Erdbeben in Japan – das alles zusammen
       belastet die Stimmung der Investoren ordentlich," sagte ein Händler. Zu den
       größten Verlierern im Dax zählten die Rückversicherer: Die Aktien der
       Münchener Rück verloren 5,2 Prozent auf 110,90 Euro. Im MDax gaben Hannover
       Rück um 4,9 Prozent auf 38,80 Euro nach. Ein besonders heftiges Erdbeben
       würde den weltgrößten Rückversicherer Münchener Rück mit maximal zwei
       Milliarden Euro treffen. Ein Beben, das in Japan nur ein Mal in 200 Jahren
       vorkomme, könnte zu einer solchen Belastung führen, sagte Vorstandschef
       Nikolaus von Bomhard bei einer Analystenkonferenz in London. Im vergangenen
       Jahr verdiente der Dax-Konzern unter dem Strich rund 2,4 Milliarden Euro
       und peilt dies auch 2011 sowie 2012 an. Es sei unmöglich, jetzt schon den
       Schaden zu schätzen.
       
       ## 
       
       Nach dem schweren Beben in Japan sind die Tsunami-Warnungen deutlich
       ausgedehnt worden. Das US-Tsunamiwarnzentrum dehnte die Warnung am Freitag
       auf praktisch alle Küstengebiete am Pazifik aus. Dies gelte auch für
       Australien und Südamerika. Auch Indonesien und die Philippinen gaben
       Tsunami-Warnungen aus. Für die Marianen-Inseln wurde eine Evakuierung
       angeordnet. Das Tsunami-Warnzentrum in Hawaii gab für weite Teile des
       Pazifiks, darunter auch die gesamte US-Westküste, eine Warnung vor
       Flutwellen heraus. "Wir haben etwa vier Stunden, um die Küste zu räumen",
       sagte John Cummings vom Katastrophenschutzamt in der hawaiianischen
       Hauptstadt Honolulu am Freitag. "Es sieht so aus, als wenn es sich um ein
       sehr ernstes Ereignis handelt."
       
       Auch im äußersten Osten Russlands sind von den Behörden mehr als 10000
       Menschen in Sicherheit gebracht worden. Auf der Inselgruppe der Südkurilen
       sowie auf der Insel Sachalin seien mehrere Siedlungen in Ufernähe evakuiert
       worden. Das teilte der russische Katastrophenschutz am Freitag nach Angaben
       von Agenturen mit. Besonders betroffen seien Menschen auf den
       Südkurilen-Inseln Kunaschir und Schikotan. Sie seien in sichere Gebiete
       gebracht worden. Schiffe kehrten schnell in die Häfen zurück, hieß es. Es
       würden Flutwellen mit einer Höhe von bis zu fünf Metern erwartet, hieß es.
       Auch auf der russischen Halbinsel Kamtschatka galt erhöhte
       Alarmbereitschaft.
       
       Kremlchef Dmitri Medwedew hat den Opfern der Naturkatastrophe in Japan
       Unterstützung versprochen. "Wir sind selbstverständlich bereit, unseren
       Nachbarn bei der Überwindung der Folgen dieses schweren Erdbebens zu
       helfen", sagte Medwedew am Freitag nach Angaben der Agentur Interfax. Er
       forderte Zivilschutzminister Sergej Schoigu auf, Hilfsmaßnahmen
       vorzubereiten. Die Beziehungen zwischen Russland und Japan sind wegen eines
       Territorialstreits um die Südkurilen seit Jahren gespannt.
       
       11 Mar 2011
       
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