# taz.de -- Achtelfinale der Champions League: Mailänder Hilflosigkeit
       
       > Vor dem Achtelfinalrückspiel in München beschwört Inter seine vergangene
       > Größe - doch die ist hinweg, gemeinsam mit Mourinho. Nur Eto'o spielt
       > noch auf höchstem Niveau.
       
 (IMG) Bild: Nun liegt gar schon der Hoffnungsträger danieder: Samuel Eto'o.
       
       MAILAND taz | Housseine Kharja ist optimistisch. "Für München sind wir hoch
       motiviert und überzeugt, alles gut zu machen", meinte Inters marokkanischer
       Flügelflitzer. Er ließ sich sogar zu einer Ableitung verleiten: "Die Serie
       A zeigt, dass man gegen eine große Mannschaft gewinnen und gegen eine
       kleine verlieren kann." Man darf Kharja getrost unterstellen, dass er mit
       "man" Inter meinte und damit selbstverständlich eine große Mannschaft. Als
       unterlegenen großen Gegner favorisiert er die Bayern. Prophet Kharja hat
       allerdings eines übersehen: Am heutigen Abend (20.45 Uhr, Sky) treffen zwei
       Teams aufeinander, die in dieser Saison so arg an Größe eingebüßt haben,
       dass man sich genötigt sieht, zum Antonym zu greifen. Die Option klein
       gegen klein hat er leider nicht durchgespielt, so dass wir gar nicht
       wissen, wie dies Spiel denn ausgehen wird.
       
       Dieses Nichtwissen macht natürlich den Reiz des Fußballs aus. Daher gehört
       er auch schärfer von Manipulationen freigehalten, als es die handzahmen
       "Task Forces" der Verbände - im Parlament nannte man so ein Hypnotikum noch
       "Kommission" - vermögen. Vor diesem Achtelfinalrückspiel schnellt das
       Nichtwissen jedoch in die exzessiven Dimensionen der addierten Kompetenzen
       von beliebigen DSDS-Kandidaten. Zumindest was den Partner Inter anbelangt,
       von dem hier die Rede sein soll.
       
       Der Titelverteidiger besitzt keineswegs mehr die Klasse der Vorsaison. Die
       ist mit dem Abgang Mourinhos wie ein Geist in die Flasche zurückgekehrt;
       dummerweise hat Mourinho die Flasche irgendwo beim Transport zwischen
       Mailand und Madrid verloren. Gerüchteweise lässt Uli Hoeneß das ganze
       Gebiet von einem Glasscherbensuchtrupp durchkämmen. Inters Präsident, der
       Ölprinz Massimo Moratti soll seine Spitzengeologen ebenfalls aktiviert
       haben. Und Real Madrids Chef, Florentino Perez, bedauert angeblich zum
       ersten Mal in seinem Leben, nur die Kompetenzen zum Zubetonieren von
       Landschaften, aber nicht dem sorgsamen Erforschen des Untergrunds zu
       besitzen.
       
       ## Einzig strahlendes Licht in schwarz-blauer Dämmerung
       
       Trotz des Verlusts des magischen Instruments stellt Inter aber auch nicht
       mehr den Trümmerhaufen aus der kurzen Zeit der Regentschaft von Rafael
       Benitez dar. Leonardo hat ein paar der Einzelteile wieder schön
       zusammengefügt. Eto'o und Sneijder sind fit und spielfreudig. Der Mann aus
       Kamerun war in dieser Saison ohnehin das einzige strahlende Licht in einer
       andauernden schwarz-blauen Dämmerung. 30 Saisontore für Inter hat er bis zu
       seinem 30. Geburtstag am Donnerstag erzielt, zählte ehrfürchtig die
       Gazzetta dello Sport. Am ersten Tag des 31. Lebensjahres folgte Treffer 31.
       Eto'o ist ein echtes Mirakel.
       
       Denn er trifft nicht nur mit fast der gleichen Regelmäßigkeit, mit der die
       Sonne morgens das Licht an- und es abends wieder ausknipst, er rackert auch
       noch härter als einst vom revolutionären Elan angetriebene Bolschewiken.
       Pech für Leonardo ist nur, dass er diesen auch gern verteidigenden Stürmer
       nicht klonen und an all die anderen Brennpunkte des Rasengevierts stellen
       kann. Wie sehr die Hintermannschaft wackelt, stellte am Freitag
       Abstiegskandidat Brescia unter Beweis. Wie wenig Entlastung Eto'o von
       seinen nominellen Sturmpartnern zu erwarten hat, zeigte Pandev, als er
       freistehend drei Großchancen versiebte. Eto'o scheiterte nach seinem
       Treffer zwar auch einmal aus aussichtsreicher Position, aber wenigstens
       eine von den drei Pandev-Möglichkeiten hätte er verwandelt und Inter damit
       die nervliche Achterbahnfahrt am Wochenende versperrt.
       
       In der Spielkonstruktion leisten Eto'o, Sneijder und Pandev, die neuen
       Flügelspieler Nagatomo und Kharja sowie Oldie Maicon zuweilen Großartiges.
       Doch keiner der Beteiligten kann vorhersagen, ob der Ball den Fuß jetzt
       gleich zu einem traumhaften Zuspiel verlässt oder die Gesetze der Mechanik
       den Willen des Spielers durchkreuzen. Leonardo raufte sich deshalb zuletzt
       des Öfteren die ansonsten so gut frisierten Haare. Einen Rat weiß er aber
       nicht. Und so gibt er Durchhalteparolen aus und sagt: "Vergesst nicht, wir
       sind die Champions!" Ein wenig hilflos wirkt diese Aufforderung zum
       Erinnern schon.
       
       15 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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