# taz.de -- Mit Hochdruck in den Wahlkampf: Wasserwerfer gegen Mappus
       
       > Stuttgart-21-Gegner haben einen alten Wasserwerfer gekauft. Mit ihm
       > verfolgen sie jetzt Stefan Mappus zu Wahlkampfterminen. "Mappus weg"
       > lautet die Devise.
       
 (IMG) Bild: Der Mappus-Abwehr-Wasserwerfer, Baujahr 1968.
       
       STUTTGART taz | Ob Stefan Mappus sich gewundert hat beim CDU-Frühschoppen,
       zwischen Weißwurst und Bier? Schließlich war das am vergangenen Sonntag der
       erste Wahlkampftermin seit Tagen, bei dem der baden-württembergische
       Ministerpräsident nicht von einem Wasserwerfer empfangen wurde. Keine mit
       Mappus-Masken verkleideten Aktivisten an den Wasserspritzen des Gefährts in
       Bad Überkingen, einem kleinen Kurort am Rand der Schwäbischen Alb, wo
       Mappus heute sprechen soll.
       
       Die Aktivisten stehen in diesem Moment nämlich sechzig Kilometer entfernt
       auf einem matschigen Parkplatz in der Nähe des heiß umkämpften Stuttgarter
       Bahnhofs um den besagten Wasserwerfer herum und versuchen, ihn zum Fahren
       zu bringen. Der dunkelgrüne 7,5-Tonner, der bis vor drei Jahren von der
       bayerischen Polizei zu Schulungszwecken genutzt wurde, will bloß mit
       Allradantrieb anspringen. Und ausschalten lässt sich der Wagen nur noch,
       wenn man den Motor abwürgt. Keine gute Basis, um Mappus auf seiner
       Wahlkampftour zu folgen. "Ach menno", sagt Sabine Schermer, 51, die den
       alten Mercedes fahren soll. Sie hat einen Führerschein für "alles, was
       Rädle hat", und hatte sich auf den Trip gefreut.
       
       Seit Heiner Geißlers Schlichtung im Streit über das Bahnprojekt ist die
       Luft ein bisschen raus aus den Protesten. Es sind immer noch ein paar
       Tausend, die montags zu den Demos vor dem Bahnhof kommen. Wenige
       Hartnäckige, die abends ihre Trillerpfeifen zum Schwabenstreich gegen das
       Bauvorhaben der Deutschen Bahn anstimmen. Aber die Kraft vom vergangenen
       Herbst erreichen die Proteste schon lange nicht mehr. Das stört die
       Bürgerinitiative "Bewegung 30.09.", deren Ziel die "freie, unzensierte
       Bürgerinformation und die Förderung zur Abwahl korrupter und/oder unfähiger
       Politiker" ist. Oder, im Sprech der Gegner: "Mappus weg!"
       
       ## "Wir wollen jetzt was tun"
       
       Und das ist auch der gemeinsame Nenner der verhinderten
       Wasserwerferbesatzung an diesem Tag. Ihnen geht es nicht so sehr um den
       Bahnhof. Ein wenig schon - das ganze Geld, das vergraben wird, ärgert den
       Aktivisten Darius Gronenborn, wenn er an seinen Nachwuchs und an den
       Zustand mancher Schulen denkt. Der Gärtner Eric Raasch, 39, schüttelt den
       Kopf, weil alte Bäume abgeholzt oder verpflanzt werden.
       
       Die Initialzündung für ihr Engagement aber war der Polizeieinsatz im
       Stuttgarter Schlossgarten, nach diesem Datum haben sie sich benannt.
       Ministerpräsident Mappus hat die harte Gangart gegen die Demonstranten
       vorher eingefordert, da sind sie sicher. Und deshalb wollen sie, dass er
       abgewählt wird. Wer dann an die Macht kommt, Rot-Grün, Rot-Rot-Grün
       vielleicht sogar, das ist zweitrangig. Sie habe ihren Kindern jahrelang
       erzählt, was Demokratie bedeute, sagt Sabine Schermer, das wolle sie ihnen
       auch vorleben. "Wir wollen jetzt was tun", sagt Darius Gronenborn, "und
       nicht wie die Lämmer bis zur Wahl warten."
       
       Anfang des Jahres hatte Gronenborn den ausrangierten Oldtimer zusammen mit
       anderen gekauft. Die Wasserrohre innen mussten sie abschrauben, sonst hätte
       der TÜV sie nicht durchgewunken. In Baden-Württemberg haben sie die
       Plakette nicht bekommen, ein zu sensibles Thema, vermutet Gronenborn und
       grinst. Bei den Bayern aber hats geklappt. Gronenborn, 43 Jahre und
       Ingenieur bei einem großen Autobauer, hat einen CD-Player eingebaut, sich
       eine Mappus-Maske besorgt. Außen haben sie Sprüche aufgeklebt "Tränen lügen
       nicht", "Erleben Sie die Führungsspritze der CDU" und "Mit Hochdruck gegen
       Bürgerdemokratie", dazu das Konterfei des Ministerpräsidenten.
       
       ## Ein voller Terminkalender
       
       Sie wollen bei allen Wahlkampfterminen von Mappus dabei sein. Ihr
       Terminkalender ist voll - genauso voll wie der von Mappus. Beinahe jeden
       Tag fahren sie durchs Land. Sie nehmen Urlaub, gehen früher aus dem Büro,
       Selbstständige sind mit dabei. "Es sind noch ein paar Tage bis zur
       Landtagswahl, wir schaffen das schon", sagt Gronenborn. Meist sei die
       Polizei entspannt, weise ihnen gute Plätze zu. In Baden-Baden kletterte ein
       begeisterter Beamter sogar ins Fahrerhaus und ließ sich fotografieren. Nur
       in Stuttgart hätten sie keine so guten Erfahrungen gemacht, viele
       Polizeibeamten ärgerten sich über die Anspielung.
       
       Wenn Gronenborn mitfährt, lässt er die Sirene heulen und spielt über die
       Beschallungsanlage O-Töne von Merkel, Mappus und vom "Tag X", als die
       echten Wasserwerfer im Einsatz waren. Danach imitiert er Mappus über das
       Mikro und versucht, wenn dieser zu seinem Termin vorbeigeht, einen Blick
       ins Gesicht des Ministerpräsidenten zu erhaschen. Er gebe sich ungerührt,
       sagt Gronenborn: "Aber ich glaube, er kocht." Eric Raasch sagt: "Wir wollen
       den Leuten durch die physische Präsenz dieses Geräts den Tag im Schlosspark
       ins Gedächtnis rufen."
       
       Eine gute Stunde lang versuchen sie den Mann aus dem Bett zu klingeln, der
       ihren Wasserwerfer reparieren kann. Sie haben sich auf die Aktion gefreut.
       Und sie glauben, dass die Stimmung im Land noch nicht entschieden ist -
       obwohl der Stuttgart-21-Protest nachgelassen hat. Doch dafür ist die
       Atomdebatte wieder hochgekocht. "Vielleicht gelingt es ja, einige
       Wahlkreise zu kippen", sagt Raasch. "Aber das Beharrungsvermögen der Leute
       im Südwesten ist ziemlich groß."
       
       Seit 58 Jahren regiert die CDU das Land, nie war hier eine andere Partei an
       der Macht. Am Samstag wollen die Wasserwerferaktivisten bei der Großdemo in
       Stuttgart vor Ort sein, auf der zum politischen Wechsel in
       Baden-Württemberg aufgerufen wird. Spätestens dann, sagt Gronenborn, haben
       sie auch den Wasserwerfer zum Fahren gebracht.
       
       18 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Rommel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
       
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