# taz.de -- Premierminister Japans hält TV-Ansprache: Ermutigung und Lob
       
       > Japans Ministerpräsident Kan appelliert in einer TV-Ansprache an das
       > Zusammengehörigkeitsgefühl der Japaner. Widersprüchliches gibt er zum AKW
       > Fukushima von sich.
       
 (IMG) Bild: Muss schwere Zeiten durchleben: Japans Premierminister Naoto Kan im Tokioter Parlament.
       
       BERLIN taz | Sichtlich bewegt hat Japans Ministerpräsident Naoto Kan in
       einer TV-Ansprache am Freitagabend der Bevölkerung Mut zugesprochen und an
       ihr Zusammengehörigkeitsgefühl appelliert. Eine Woche nach der Katastrophe
       lobte er die Japaner dafür, nach Erdbeben und Tsunami Ruhe bewahrt zu
       haben. Den Opfern sprach er sein Beileid aus. Kan versprach, alle
       verfügbaren Kräfte würden zur Bewältigung der Katastrophe mobilisiert.
       
       Zur Lage im AKW Fukushima Daiichi äußerte er sich widersprüchlich. Zum
       einen sagte er, die Lage sei weiterhin sehr kritisch. Es gebe keinen Grund
       für Optimismus. Zum anderen versprach er aber, seine Regierung werde "in
       nicht weiter Ferne" die Situation unter Kontrolle bringen. Japan werde
       diese Tragödie überstehen. Sein Sprecher und Kabinettssekretär Yukio Edano
       stellte für Montag einen Besuch Kans im Katastrophengebiet in Aussicht,
       sofern dies ohne zu großen Aufwand organisiert werden könne.
       
       Kan verteidigte die Informationspolitik seiner Regierung und verwahrte sich
       gegen den Vorwurf, sie habe Informationen über die Reaktorkatastrophe
       zurückgehalten. "Ich selbst und der Regierungssprecher haben alle
       Informationen bekannt gegeben, die wir hatten", sagte er. Zuvor hatte Kan
       aber dem Generaldirektor der Internationalen Atombehörde (IAEA) in Wien,
       Yukiya Amano, versprochen, künftig der IAEA wie der Welt "so viele
       Informationen wie möglich" zur Verfügung zu stellen.
       
       Der nach Tokio gereiste Amano, ein Exdiplomat des japanischen
       Außenministeriums, hatte sich beklagt, von Tokio nicht ausreichend
       informiert worden zu sein. Kan selbst soll sich Berichten zufolge zu
       Wochenbeginn beim AKW-Betreiber Tepco wütend über deren mangelnde
       Unterrichtung beschwert haben. Kan versprach jetzt auch eine bessere
       Überwachung radioaktiver Strahlung.
       
       Japans Atomenergiebehörde stufte am Freitag das Reaktorunglück von
       Fukushima von 4 auf 5 auf der 7-stelligen Ines-Skala hoch. Stufe 4 der
       "internationalen Skala für nukleare Ereignisse" (englisch Ines abgekürzt),
       beschreibt einen Vorfall mit lokalen Auswirkungen, Stufe 5 mit
       großflächigen Auswirkungen. Der Unfall in Harrisburg 1979 wurde auf Stufe 5
       eingeordnet, die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl auf Stufe 7 (GAU).
       
       Schon vor Tagen hatten die französische Atomsicherheitsbehörde (ASN) und
       das unabhängige US-Institut für Wissenschaft und Internationale Sicherheit
       (Isis) Fukushima Daiichi auf Stufe 6 - "ernster Unfall" - eingeordnet.
       IAEA-Chef Amano erklärte inzwischen, Japan befinde sich im Kampf gegen
       einen drohenden Super-GAU in einem "Wettlauf mit der Zeit".
       
       ## Regierung der nationalen Einheit?
       
       Unterdessen haben in Japan Diskussionen über Konsequenzen und den
       Wiederaufbau begonnen. So kursieren laut der Agentur Kyodo in der
       Regierungskoalition aus Demokratischer Partei und Neuer Volkspartei Pläne,
       ein Wiederaufbauministerium einzurichten. Auch gibt es Vorschläge, mit den
       beiden größten Oppositionsparteien Liberaldemokraten (LDP) und
       buddhistischer Komeito eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Der
       Vorsitzende der Industrie- und Handelskammer von Osaka, Shigeta Sato,
       schlug laut Kyodo vor, wegen der Erdbebengefahr über eine Verlegung der
       Hauptstadt nachzudenken.
       
       Tokio wurde bereits am 1. September 1923 von einem schweren Erdbeben
       getroffen. Damals starben 144.000 Menschen. Ungeachtet des jüngsten Bebens
       erreichte der im Bau befindliche Fernsehturm Tokyo Sky Tree, das
       zweitgrößte Gebäude der Welt, am Freitag seine Maximalhöhe von 634 Metern.
       Der Turm sei bei dem Beben der Stärke 9,0 vor einer Woche nicht beschädigt
       worden, sagte ein Sprecher der Betreiber. Aus Respekt vor den Bebenopfern
       sei eine geplante Feier jedoch abgesagt worden.
       
       Am Freitag um 14.45 Uhr, zur Zeit des Bebens vor einer Woche, wurde in ganz
       Japan mit einer Schweigeminute der Opfer gedacht. Nach jüngsten Angaben
       starben mindestens 6.911 Menschen, meldete der TV-Sender NHK unter Berufung
       auf die Polizei. Es würden noch immer mehr als 17.000 Menschen vermisst.
       Andere Quellen sprachen von über 10.000 Vermissten.
       
       (mit dpa, dapd, reuters)
       
       18 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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