# taz.de -- Nachtzusammenfassung Japan: Albtraum hält an
       
       > Anhaltend starker Regen und überhöhte Druckwerte im Reaktor 3 erschweren
       > die Arbeiten in Fukushima. Die hohe Radioaktivität belastet zunehmend
       > Trinkwasser und Lebensmittel.
       
 (IMG) Bild: Angehörige trauern um ihre Opfer. Die verheerenden Katastrophen haben mehr als 21.000 Menschen das Leben gekostet.
       
       PEKING taz | Der Albtraum im Atomkraftwerk Fukushima I ist auch am zehnten
       Tag nach der japanischen Dreifach-Katastrophe Erdbeben, Tsunami und
       Reaktorunfall noch nicht vorbei. Im Gegenteil: Am Morgen spitzte sich die
       Lage wieder zu.
       
       Den Technikern gelang es zwar am Wochenende nach mühevoller Arbeit, vier
       der insgesamt sechs Reaktorblöcke wieder an ein Stromnetz zu legen. Die
       Kühlanlagen der Reaktoren 5 und 6 sprangen daraufhin tatsächlich an, worauf
       die Temperaturen in den Druckbehältern, in denen sich die hochgefährlichen
       Brennelemente befinden, sanken. Doch bei den Blöcken 5 und 6 handelt es
       sich um Reaktoren, die am wenigsten beschädigt waren. Bei den anderen
       mehrfach von Explosionen beschädigten Unglückreaktoren ist die Lage auch
       weiterhin nicht unter Kontrolle.
       
       Besondere Probleme macht momentan wieder Reaktorblock 3. Wie der japanische
       Fernsehsender NHK berichtet, stieg der Druck am frühen Morgen wieder derart
       an, dass die Techniker nun wieder in Erwägung ziehen muss, eine Öffnung zu
       legen. Ansonsten drohen wie schon in den vergangenen Wochen Explosionen,
       die die Anlage noch stärker beschädigen könnten.
       
       Das Problem: Ein Druckablass würde erneut gehörige Mengen an Radioaktivität
       freisetzen. "Im Augenblick sind wie mal wieder nicht so optimistisch, dass
       es einen Durchbruch gibt", sagte Kabinettssekretär Yukio Edano auf NHK.
       
       Momentan sind Soldaten und Feuerwehrleute dabei, die Brennelemente mit
       Tonnen von Wasser zu bespritzen. Reaktor 3 gilt als besonders riskant, weil
       die Brennstäbe dort nicht nur wie in den anderen Bölcken hochradioaktiv
       sind, sondern auch aus hochgiftigen Plutonium-Uran-Mischoxiden bestehen.
       
       Ungewiss bleibt, ob die wichtigen Kühlanlagen der Reaktorblöcke 1 bis 4
       noch funktionieren. Zwar sollen sie alle im Laufe des Tages wieder mit
       Strom versorgt werden, die Blöcke 1 und 2 sind wieder am Netz. Aber
       Erdbeben, Tsunami und Explosionen haben ihnen dermaßen zugesetzt, dass auch
       weiterhin nicht ausgeschlossen werden kann, ob es nicht doch noch zu den
       befürchteten Kernschmelzen kommen kann. "Die Lage bleibt ernst", sagte
       Edano.
       
       Momentan konzentrieren sich die Techniker darauf, den Kontrollraum zu
       reparieren, um dann die Kühlanlagen testen zu können. Allein das kann noch
       zwei Tage dauern, sagte ein Vertreter von der Atomsicherheitsbehörde
       (NISA). Starker Regen erschwert zusätzlich die Arbeit.
       
       Die hohen Strahlenwerte belasten zunehmend auch die Landwirtschaft in der
       weiteren Umgebung. Der Nachrichtenagentur Kyodo zufolge weisen Spinat und
       Milch auch mehr als 100 Kilometer vom Unglücksort entfernt überhöhte
       Radioaktivität auf. Beim Spinat überstieg die Menge an radioaktivem Jod den
       Grenzwert um das 27-fache. Die Behörden riefen Händler und Bauern dazu auf,
       die verstrahlten Lebensmittel nicht in den Handel zu bringen.
       
       In Tokio und einigen anderen Präfekturen wurde zudem eine geringe Belastung
       des Trinkwassers mit radioaktivem Jod festgestellt. Die Behörden behaupten
       zwar, dass dies keine unmittelbare Gefährdung der Gesundheit zur Folge
       habe. Dennoch wird vermehrt Trinkwasser in Flaschen und Kanistern verteilt.
       
       In den vor allem durch das Tsunami verwüstetem Katastrophengebiet im
       Nordosten der Insel Honshu rechnet Kyodo zufolge die Polizei nun inzwischen
       mit mehr als 21.000 Toten. 8.649 Leichen sind geborgen worden, 12.877
       gelten weiter als vermisst. Mehr als 400.000 Menschen sind weiterhin in
       Notunterkünften untergebracht, die trotz Minusgraden nicht beheizt werden
       können.
       
       Nach einer ersten Einschätzung der Weltbank zufolge wird Japan fünf Jahre
       für den Wiederaufbau benötigen und muss dafür umgerechnet mehr als 165
       Milliarden Euro aufbringen.
       
       mit dapd und dpa
       
       21 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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