# taz.de -- Ghostwriting-Streit vor Berliner Landgericht: Der Streit der Geister
       
       > Wer ist der größte Geisterschreiber des Landes? Zwei Ghostwriting-Firmen
       > streiten sich darüber vor Gericht - leider völlig ohne
       > Guttenberg-Glamour.
       
 (IMG) Bild: Dank Guttenberg ist das Interesse an Plagiatsvorwürfen groß.
       
       BERLIN taz | Die Plagiatsaffäre von Karl-Theodor zu Guttenberg ist nicht
       totzukriegen. Und so schwebte der Geist des gestürzten Freiherrn auch
       irgendwie im Berliner Landgericht in der Littenstraße umher. Dabei wurde
       dort nur über Ghostwriting verhandelt und nicht über Gutti - der
       Glamourfaktor tendierte also gegen null. Es ging lediglich um einen
       kleinlichen Streit darüber, wer sich als größter Geisterschreiber im ganzen
       Land bezeichnen darf.
       
       Das Medieninteresse ist trotzdem groß, ein Dutzend Journalisten belegte die
       Zuschauerplätze vollständig. Gemeinsam mit den Beklagten von der ACAD Write
       GmbH, Thomas Nemet und Sven Langenhahn, warteten sie auf die Ankunft des
       Klägers, schon wird Getuschel laut, ob er denn überhaupt zum Prozess
       erscheinen würde. Richterin Susanne Dieckmann steckte kurz den Kopf aus
       ihrem Vorzimmer. Kein Kläger da? Dann bräuchte man noch nicht anzufangen,
       sagte sie und verschwand wieder. Einen Augenblick später spazierte Harald
       Bahner herein - mit gleich zwei Anwälten im Schlepptau.
       
       Er, der Kläger, der sich selbst als einen der leistungsfähigsten Anbieter
       auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Ghostwritings bezeichnet, wollte
       seiner Konkurrenz verschiedene Werbeaussagen untersagen. Seit einem Prozess
       in Düsseldorf im Februar 2011 darf sich Bahner nicht mehr Marktführer
       nennen. Jetzt will er erreichen, dass auch die Konkurrenz nicht mehr mit
       diesem Titel werben darf. Die klagte zurück, verlangte auch von Bahner die
       Unterlassung diverser Aussagen. Kurz: Beide Parteien werfen sich
       gegenseitig irreführende Werbung vor.
       
       "Wer mit Spitzen- oder Alleinstellung wirbt, hat Belegungspflicht", sagte
       Richterin Dieckmann zu beiden Prozessparteien. Doch deren Versuche, den
       Anspruch zu untermauern, fielen äußerst dürftig aus.
       
       ## Nichts als Tonerverschwendung
       
       So gab ACAD Write an, dass 250 Mitarbeiter für sie arbeiteten. Und legte
       als Beleg dafür eine anonymisierte Liste vor. Die war allerdings nicht
       aktuell, außerdem waren sämtliche Nachnamen geschwärzt. "Damit kann man
       jede Zahl von Mitarbeitern scheinbar belegen, 250 oder auch 2.500", warf
       Bahner seinen Konkurrenten vor. Sein Anwalt sprach von einer "einzigen
       Tonerverschwendung".
       
       Auch die Richterin wirkte bei dieser Art von Beweisen etwas genervt. Eine
       weitere Behauptung von ACAD Write, auch Auftragsforschung zu betreiben,
       würde nicht mit konkreten Beispielen belegt. "Die schlichte Verteidigung
       ,wir machen das' reicht nicht aus", sagte Dieckmann. "So kann man keinen
       Prozess führen." Als Beleg für die vielen angeblich promovierten und
       habilitierten Mitarbeiter wurden lediglich drei namentlich genannt. Die
       anderen möchte ACAD Write aus Datenschutzgründen nicht nennen. Man müsste
       erst alle per E-Mail um Einverständnis bitten. Auch für die Experten in
       jedem Fachbereich fehlte der Beweis.
       
       Noch mehr Verwirrung gab es bei den Kundenzahlen der Firma. In der Werbung
       ist mal von 1.500 pro Jahr die Rede, dann wieder von 2.500 seit sieben
       Jahren. Bei dem angeblichen Umsatz von einer Million Euro ist auch unklar,
       ob sich diese auf die ACAD Write Deutschland oder die später gegründete
       international aktive Group beziehen. "Es ist schlicht irreführend, wenn
       eine Firma, die 2009 gegründet wurde, mit Zahlen von 2006 wirbt", so
       Dieckmann.
       
       Auch Kläger Bahner blieb den Beweis schuldig, warum er einer der
       erfolgreichsten Ghostwriter sei. Er verwies auf seine Marktpräsenz, darauf,
       dass er bei Google-Suchen zu Ghostwriting an erster Stelle genannt würde.
       Ob sich mit Google eine Marktpräsenz belegen lasse, sei fraglich,
       kommentierte Richterin Dieckmann diese Argumentation.
       
       Eine Entscheidung des Landgerichts wird es frühestens in sechs Wochen
       geben. In der Zwischenzeit wollen die beiden Prozessparteien sich um eine
       Einigung bemühen, genau aushandeln, womit sie künftig werben dürfen.
       
       Aber ganz ohne zu Guttenberg kam die Verhandlung dann doch nicht aus: Vor
       dem Gerichtssaal sagte Kläger Bahner auf die Frage von Journalisten, im
       Zuge der Plagiatsaffäre sei "das Interesse richtig hochgeschwappt".
       
       23 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Opfermann
       
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