# taz.de -- Nordafrikas Revolution macht Schule: Schwere Unruhen in Burkina Faso
       
       > Erst demonstrieren Schüler und Studenten, jetzt plündert das Militär in
       > Ouagadougou. Im Musterland des Sahel entlädt sich der lange angestaute
       > Frust.
       
 (IMG) Bild: Baumwollhändler in Burkina Faso: Kaufleute beklagen steigende Preise.
       
       OUAGADOUGOU taz | "Es ist heiß", sagt der Wachmann vor der Villa am
       Stadtrand von Ouagadougou. Er meint nicht die Temperatur von über 40 Grad.
       In der Nacht hatte es in der Hauptstadt geknallt: Angehörige der Armee
       zogen ab zehn Uhr abends randalierend und in die Luft schießend von ihrem
       Stützpunkt in Gounghin im Westen der Stadt ins Zentrum, wo sich ihnen
       weitere Soldaten anschlossen. Aus Tankstellen und Geschäften wurden Waren
       mitgenommen und Mobiliar zerstört. Es dauerte fünf Stunden.
       
       Grund für den Protest der Soldaten war offiziell "nur" eine "Sittenaffäre"
       - anders gesagt: ein Fall von "guter Regierungsführung". Fünf Soldaten
       waren verurteilt worden, weil sie einen Bürger zusammengeschlagen hatten,
       der die Frau eines Kameraden belästigt habe. Aber die Unruhen sind auch der
       Höhepunkt einer Serie von Protesten, die seit dem 22. Februar auf das ganze
       Land ausstrahlen. Auslöser war der Tod des Schülers Justin Zongo im
       Polizeigewahrsam in der Stadt Koudougou.
       
       Justin wird im Unterricht von seiner Mitschülerin Aminata gehänselt. Der
       Streit eskaliert, er gibt ihr eine Ohrfeige. Aminatas Eltern verlangen von
       der Schule eine Aussprache, Justins Eltern erscheinen nicht. Justin wird
       mehrfach von der Polizei vorgeladen, soll Strafe zahlen, sein Geld reicht
       nicht, er kommt in Gewahrsam, er stirbt. Als Todesursache gibt der
       Polizeiarzt Meningitis an. Später werden Misshandlungen dokumentiert.
       Schülerkrawalle sind die Folge, erst in Koudougou, dann in Poa und Kindi.
       Dort setzen Polizisten Waffen ein. Folge: drei Tote. Jugendliche sterben,
       außerdem Polizisten.
       
       ## "Die Kinder haben recht"
       
       Am 24. Februar gehen die Schüler erstmals auch in der Hauptstadt auf die
       Straße. In Dori im Norden brennt das Polizeikommissariat, in Fada N'Gourma
       am 9. März das Büro des Gouverneurs. In Ouagadougou demonstrieren am 11.
       März tausende Studenten. Eine Protestnote an die Polizeiführung dürfen sie
       nicht überreichen, stattdessen wird Tränengas eingesetzt. Schulen und
       Universitäten sind inzwischen geschlossen. Weitere Gewerkschafter
       demonstrieren. Inzwischen wurden einige der in Koudougou verantwortlichen
       Polizisten entlassen.
       
       "Die Kinder haben recht", sagt die Geschäftsführerin einer Beratungsfirma.
       Auch wenn sie brennende Reifen und zerbrochene Scheiben nicht gut findet.
       "Die Regierung muss aufpassen", sagt ein Unternehmer: "Die sehen einfach
       die Probleme nicht." Die Mehrheit der Einwohner in Burkina Faso ist unter
       18 und die meisten haben weder Arbeit noch Aussicht darauf. Trotz
       Wirtschaftswachstums sinkt die allgemeine Armut nicht. Das Wissen um
       erfolgreiche Aufstände im Maghreb, gleichzeitig die erfolgreichen
       Bemühungen des kürzlich wiedergewählten Präsidenten Blaise Compaoré, seine
       Macht auch nach 23 Jahren zu sichern, tun ein Übriges. Hinzu kommt die
       Sorge um rund zwei Millionen Burkiner in der Elfenbeinküste, die immer
       tiefer in den Bürgerkrieg schlittert und wo Migranten aus Burkina Faso für
       Anhänger des noch amtierenden Staatschefs Laurent Gbagbo als Feinde gelten.
       Die Preise für Waren, die über Abidjan kommen oder ausgeführt werden,
       steigen.
       
       Am gestrigen Mittwoch protestieren Kaufleute gegen die Übergriffe der
       Militärs. Autoreifen brennen Löcher in die Asphaltstraßen. Zahlreiche
       Menschen verlassen die Innenstadt. Wer kann, bleibt zu Hause. "Die Armee
       schießt. Und was tut die Regierung?", fragt ein Geschäftsmann. Sind die
       Unruhen etwa aus der Elfenbeinküste gesteuert? Von Gbagbo? Eine beliebte
       Sündenbocktheorie, die aber nicht bewiesen wird.
       
       24 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marianne Lange
       
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