# taz.de -- Anti-Atom-Großdemonstration in Hamburg: Die Katastrophe als Chance
       
       > "Fukushima mahnt": Umweltorganisationen, Kirchen und Gewerkschaften
       > machen mit bei der Großdemonstration in Hamburg gegen die Atomkraft.
       
 (IMG) Bild: Die Atomgegner werden immer jünger: Ein Mädchen bei einer Demo in Hamburg.
       
       HAMBURG taz | Jürgen Bollmann kommt auf den letzten Drücker. Der
       kommissarische Hamburger Bischof der Nordelbischen Kirche entschuldigt sich
       bei den Teilnehmern der Pressekonferenz zur norddeutschen
       Anti-Atomkraft-Großdemonstration: Er habe noch unter dem Eindruck einer
       beklemmenden E-Mail gestanden, die ihm kurz zuvor ein Freund aus Japan
       geschickt hatte.
       
       Dieser habe ihn dazu beglückwünscht, dass in Deutschland "noch rechtzeitig
       die Diskussion um den Atomausstieg" entbrannt sei, erzählt Bollmann. In
       Japan sei es hingegen wohl zu spät: "Die Situation ist beängstigend."
       
       Zusammen mit Robin Wood, ausgestrahlt, Campact, BUND und Naturfreunde sowie
       den DGB-Gewerkschaften ruft die evangelische Kirche im Norden unter dem
       gemeinsamen Motto "Fukushima mahnt: Alle AKWs abschalten" für den morgigen
       Samstag zum Protest in Hamburg auf. "Es ist näher gerückt, dass uns auch so
       etwas passieren kann", sagt Bollmann mahnend. "Wir Menschen haben doch
       nicht alles in der Hand."
       
       Das sieht DGB-Nord-Chef Uwe Polkaehn ähnlich, dessen Landesverband -
       zuständig für Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg - zusammen mit
       dem DGB Niedersachsen-Bremen den Anti-Atom-Protest unterstützt. "Das
       dreimonatige Moratorium reicht nicht aus, es müssen alle AKWs abgeschaltet
       werden", sagt Polkaehn. "Wir können uns das Risiko einer nuklearen
       Katastrophe nicht länger leisten". Ungelöst sei auch die Entlagerung des
       Atommülls.
       
       Als Konsequenz führe "kein Weg an einer Energiewende vorbei", so Polkaehn.
       Schließlich seien die Erneuerbaren Energien eine wichtige
       Zukunftsperspektive: für klimafreundliche Energiepolitik - und gute
       Arbeitsplätze.
       
       Keine Utopie, sondern ein Weg dorthin könnte aus Sicht von Roman Denter die
       Enteignung der Stromkonzerne sein: Der Vertreter des
       globalisierungskritischen Netzwerks Attac verweist auf Artikel 15 des
       Grundgesetzes, der die Enteignung von Produktionsmitteln zum Zwecke der
       Vergesellschaftung regelt. Es sei Zeit, sagt Denter, den Passus "zur
       Anwendung auf Energiekonzerne" zu bringen. Der Atomausstieg sei nur gegen
       die Konzerne durchsetzbar.
       
       Jochen Stay von der Kampagne ausgestrahlt hat festgestellt, dass der
       seitens der Bundesregierung beanspruchte Kurswechsel in der Atompolitik
       unglaubwürdig sei: "Es nimmt der Bundesregierung niemand ab", sagt Stay mit
       Blick auf das dreimonatige Moratorium für alte AKWs sowie die Sicherheits-
       und Ethikkommissionen. Viele Menschen sähen das Lavieren von Schwarz-Gelb
       als Wahlkampf-Trick an.
       
       "Die Argumente liegen seit 30 Jahren auf dem Tisch", so Stay, da brauche
       man keine neuen Kommissionen. "Die Alternativen und die Technik sind längst
       da, wir brauchen die 17 Atomkraftwerke nicht." Es bestehe nach dem
       Stimmungswechsel in der Bevölkerung die historische Chance, durch Proteste
       Einfluss auf die Politik zu nehmen. Stets habe es geheißen, ohne
       Atomenergie gingen die Lichter aus, erinnert sich Stay: "Japan hat zeigt:
       Es gehen vielmehr mit Atomenergie die Lichter aus."
       
       24 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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