# taz.de -- Berlin ohne Bildungsgutscheine: Senat lässt arme Kinder zappeln
       
       > Die groß angekündigten Bildungsgutscheine für Hartz-IV-Kinder kommen
       > immer noch nicht - die Bürokraten feilen noch. Sozialverbände fordern
       > endlich Klarheit.
       
 (IMG) Bild: Kinder aus sozial schwachen Familien müssen weiter auf bessere Bildung warten.
       
       Der Start für das Bildungspaket, das einkommensschwachen Familien Zuschüsse
       für Nachhilfe, Sportverein und Schulessen zugesteht, zieht sich hin.
       Ursprünglich sollte es zum 1. Januar kommen, dann wurde es auf den 1. April
       verschoben. Doch bis jetzt gibt es in Berlin nicht einmal ein
       Antragsformular. Sozial- und Jugendverbände drängen auf schnelle
       Information. Denn schon am 30. April läuft für die rund 200.000
       Anspruchsberechtigten die Frist für eine rückwirkende Beantragung ab.
       
       Eigentlich sollten die von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen
       (CDU) auf Druck des Verfassungsgerichts ins Leben gerufenen
       "Bildungsgutscheine" sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen
       bessere Chancen geben. Da aber die zusätzlichen Gelder nicht direkt an die
       Eltern gehen, sondern stattdessen über die Kommunen verteilt werden sollen,
       droht das Paket nun zum Bürokratiemonster zu werden.
       
       Am Dienstag war das nötige Bundesgesetz veröffentlicht worden. Demnach
       können ab sofort und rückwirkend zum 1. Januar Anträge auf Zuschüsse zu den
       Kosten für Sportvereine, Musikschulen, Schulessen, Schulbedarf, Nachhilfe,
       Schulausflüge und BVG-Tickets gestellt werden. Anspruchsberechtigt sind die
       Kinder von Hartz-IV-Empfängern, Wohngeld- und Kinderzuschlagbeziehern. Wie
       die Umsetzung des Bildungspakets organisiert wird, muss jede Kommune selbst
       entscheiden.
       
       In Berlin sind bislang noch nicht einmal Formulare für die Beantragung
       verfügbar. Man wolle die Umsetzung so einfach und bürgernah wie möglich
       gestalten, und das brauche nun einmal Zeit, sagte Senatssprecher Günter
       Kolodziej der taz. Offen seien Detailfragen zu Fahrtkosten und Nachhilfe,
       auch über zusätzliche Stellen in Schulen und Behörden werde noch
       verhandelt. Aus der Bildungsverwaltung hieß es, am Freitag werde man
       genauere Informationen veröffentlichen. Abrufen könne man diese unter
       [1][www.berlin.de].
       
       Von den Grünen gab es scharfe Kritik an den Verzögerungen: Renate Künast
       bezeichnete sie bei einem Wahlkampftermin am Dienstagabend als Zumutung und
       mahnte an, die Millionen aus dem Bildungspaket richtig zu verwenden.
       Fraktionschefin Ramona Pop warf dem Senat vor, er lasse die "knapp 200.000
       Kinder im Stich".
       
       Marion Drögsler, Vorsitzende beim Arbeitslosenverband, fordert indes eine
       Verlängerung der Antragsfristen. "Wir haben bis jetzt keine Möglichkeit,
       die Betroffenen zu unterstützen, weil wir noch kein Antragsformular zu
       Gesicht bekommen haben", sagte Drögsler der taz. Sie befürchtet, dass die
       Gelder erst in Monaten bei den Antragstellern ankommen. "Und die meisten
       lesen ja keine Tageszeitung, wissen also gar nicht, was ihnen zusteht."
       
       Elvira Kriebel, Referentin für schulbezogene Jugendhilfe beim Paritätischen
       Wohlfahrtsverband, Landesverband Berlin, kritisiert die schleppende
       Information durch den Senat. Kriebel arbeitet eng mit Freien Trägern
       zusammen, die Mittagessen an Schulen ausgeben. "Unsere Freien Träger sehen
       sich mit Eltern konfrontiert, die sagen, wir bezahlen jetzt aber weniger
       für das Essen." Die Unsicherheit der Umsetzung des Bildungs- und
       Teilhabepakets sei "unerträglich für Eltern und Freie Träger".
       
       Auch bei der Landessportjugend hofft man auf baldige Informationen. In
       Erwartung der neuen Leistungen hatte man das eigene Zuschussprogramm auf
       Eis gelegt, die rund 2.750 geförderten Kinder trainierten seit Januar auf
       Kosten der Vereine. Referent Heiner Brandi zeigt sich aber zuversichtlich:
       "Nach allem was ich bisher aus den Arbeitsgruppen weiß, können wir auf eine
       unbürokratische Umsetzung des Bildungspakets hoffen."
       
       30 Mar 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.berlin.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuela Heim
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA