# taz.de -- Champions League: Schalke vs. Inter 5:2: Unbegreifliches Spektakel
       
       > Schalke 04 hat das Champions-League-Hinspiel bei Titelverteidiger Inter
       > Mailand fulminant gewonnen. Die Fans feierten auf den Tribünen "das
       > Wunder von Mailand".
       
 (IMG) Bild: Die Schalke-Spieler Edu und Jurado beim Torjubel.
       
       MAILAND taz | Das Meazza-Stadion ist ein guter Ort für Königsblau. 1997
       drehten die Eurofighter um Marc Wilmots und Olaf Thon hier dem
       favorisierten Inter Mailand eine Nase und entführten den Uefa-Cup. In einer
       spektakulären Pokalschlacht am Dienstag nahmen ihre Nachfolger den
       mittlerweile zum Champions-League-Sieger geadelten Rivalen so auseinander,
       wie es eine gut trainierte Nachwuchsauswahl mit einer ambitionierten
       Thekenmannschaft tun würde. Schalke siegte 5:2 und steht mit einem Fuß
       sowie den Zehen und Hacken des anderen im Halbfinale.
       
       Schalkes magische Nacht begann mit einem wild gewordenen Rasensprenger und
       endete in einer Bierdusche. Gerade noch rechtzeitig vor dem Anpfiff gelang
       es den Gärtnern des Meazza-Stadions, einen wild rotierenden Rasensprenger
       abzustellen. Sie wirkten dabei ähnlich unsicher wie später die Defensive
       der Hausherren. Als alle Mailänder Fans schon längst enttäuscht das Weite
       gesucht hatten, standen Schalkes Anhänger noch freudetrunken auf dem
       Stadionvorplatz und ließen sich das Bier in die Kehlen und über die Haare
       laufen.
       
       Zur gleichen Zeit hatten die Protagonisten des Wunders Mühe, das Geschehene
       zu verarbeiten. "Ich muss erst einmal begreifen, was hier gelaufen ist",
       rang der Gelsenkirchener Gesamtschüler Joel Matip um Fassung. Auf dem
       Spielfeld war der Ersatzinnenverteidiger bei weitem nicht so durcheinander
       wie bei der späteren Einordnung der Ereignisse. Seiner
       Reaktionsschnelligkeit war der 1:1-Ausgleich zu verdanken.
       
       "Fast unvergleichlich" fand Raúl die 90 Minuten. Angesichts der langen
       Karriere des Spaniers, die er mit seinem 71. Tor in Europapokalspielen auf
       ein Rekordniveau hob, verzeiht man ihm gern die Einschränkung "fast". Er
       war Schalkes bester Mann. Nach dem schnellen Führungstreffer von Inter
       hielt der Routinier seine Mannschaft zusammen. Er holte sich Bälle tief aus
       der eigenen Hälfte, war mit zwei Kopfbällen aber auch gefährlich vor dem
       Inter-Tor. An ihm konnte sich das Team in einer Phase der Unsicherheit
       aufrichten.
       
       "Wir wollten gewinnen. Aber mit einem solchen Sieg haben wir nicht
       gerechnet", war selbst Ralf Rangnick verblüfft. Nach dem frühen Gegentor
       schwante dem Schalke-Trainer Schlimmes. "Doch wir haben die Ruhe behalten
       und waren in der zweiten Halbzeit taktisch und physisch überlegen."
       
       Seinen grandiosen Triumph verdankte Schalke freilich auch der
       Alles-oder-nichts-Mentalität von Inter. Trainer Leonardo warf seine Männer
       in einer Harakiri-Taktik nach vorn. "Wir mussten in dieser Saison einen
       großen Rückstand aufholen. Es gab für uns nur Siege als Ziel", wies er mit
       heiserer Stimme auf die Routine der letzten Wochen hin, in denen Inter ein
       prächtiges Spektakel geboten hatte.
       
       Dienstagnacht gebar diese Hurra-Haltung aber eine Art Straßenfußball mit
       Verteidigungstabu für das Offensivtrio Sneijder, Milito und Etoo und
       scheunengroßen Löchern vor dem eigenen Tor. Dieses Resultat verzeiht ihm
       die italienische Presse nicht.
       
       "Er ist ein Motivator für den Übergang, aber kein Trainer", kanzelte ihn
       die Gazzetta dello Sport ab. Während Trainerkomet Leonardo zu verlöschen
       droht, kann sein Gegenüber sich als Wunderheiler fühlen. Auf ihm lastet nun
       der Druck, den Vorsprung aus dem Hinspiel auch zu verteidigen, um nicht als
       der Depp der Nation ein weiteres Kapitel in dem großen europäischen
       Fußballbuch zu eröffnen.
       
       6 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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