# taz.de -- Kommentar Flüchtlingstragödie Lampedusa: Zynische Politik der Abschottung
       
       > Europa macht es sich einfach mit den Umstürzen in Nordafrika: Jetzt
       > herrsche ja Demokratie, da müsse auch niemand mehr nach Europa flüchten.
       
       Dass die Gewässer zwischen Europa und Afrika sich in den vergangenen Jahren
       in einen riesigen Friedhof verwandelt haben, ist seit Jahren bekannt und
       wird dennoch in Europa voller Gleichgültigkeit zur Kenntnis genommen. Jetzt
       sind wieder 150 Menschen elend ertrunken, doch ihr Schicksal wird schnell
       in Vergessenheit geraten.
       
       Zwar mag Europa den nordafrikanischen Freiheitsbewegungen großen Beifall
       dafür spenden, dass sie die dort herrschenden Diktatoren abserviert haben.
       Europa mag auch Tunesien und Ägypten über den grünen Klee dafür loben, dass
       beide Länder Hunderttausende Flüchtlinge aus Libyen aufnahmen - ansonsten
       aber möchte es, dass die Dinge so bleiben wie gehabt: dass die Abschottung
       der Festung Europa so gut funktioniert, wie sie es in der - auf diesem Feld
       sehr fruchtbaren - Partnerschaft mit Ben Ali, Gaddafi, Mubarak tat.
       
       Die zynisch-belehrende Auskunft aus Europa heißt heute, die Flüchtlinge
       müssen gar nicht mehr weg. Sie haben ja jetzt die Demokratie. Doch wie
       wenig es um Demokratie und Menschenrechte geht, zeigt allein schon die
       Tatsache, dass in der bisherigen Zusammenarbeit mit Tunesien und Libyen
       eine Frage zuallerletzt eine Rolle spielte: ob die Menschen, die uns ein
       Gaddafi vom Hals hielt, verfolgt waren oder nicht.
       
       Auch jetzt werden wieder Eritreer und Somalier kommen - und auch jetzt, so
       steht zu fürchten, wird es die Hauptsorge Italiens, die Hauptsorge auch
       Europas sein, den Zufluss zu stoppen. Zur Not inszeniert sich dann ein so
       reiches Land wie Italien als "völlig überfordert" durch den Zustrom von
       gerade einmal 20.000 Menschen - und freut sich jetzt, die Flüchtlingsabwehr
       erneut an Tunesien delegiert zu haben.
       
       6 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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