# taz.de -- Demonstration in Ägypten: Mit Schildkröten auf den Tahrirplatz
       
       > Demonstranten fordern eine Strafverfolgung der Verantwortlichen des alten
       > Regimes. Zum ersten Mal seit Mubaraks Rücktritt mobilisierten auch die
       > Muslimbrüder.
       
 (IMG) Bild: Einen Monat nach dem Rücktritt von Mubarak ist der Tahrir-Platz in Kairo wieder voll.
       
       KAIRO taz | Schon gegen sieben Uhr morgens haben sich mehrere Hundert auf
       dem Tahrirplatz in Kairos Zentrum versammelt. Verschlafen stehen sie in
       kleinen Gruppen herum, füllen Wasser in Flaschen, bereiten Transparente
       vor. Manche sind gleich über Nacht geblieben und gerade dabei, sich aus
       ihren Decken zu schälen, andere proben schon eine kleine Demonstration.
       
       Es ist Freitag, und wie schon in der Woche zuvor haben zahlreiche Parteien,
       Gruppen und Bündnisse zu der Kundgebung aufgerufen, um Druck auf die Armee
       auszuüben, die in Ägypten seit dem Rücktritt von Präsident Husni Mubarak am
       11. Februar herrscht. Die Demonstranten fordern, dass die Verantwortlichen
       der alten Regierung endlich vor Gericht gestellt und ihre Organisationen
       wie die Staatspartei NDP oder der Sicherheitsdienst endlich aufgelöst
       werden.
       
       Einige Protestierende haben Schildkröten mitgebracht, die symbolisieren,
       dass ihnen die Umsetzung der Revolutionsforderungen deutlich zu langsam
       geht. Die Proteste richten sich aber auch gegen die Armee, die den seit
       dreißig Jahren geltenden Ausnahmezustand nicht aufhebt, sondern mit neuen
       Gesetzen gar verschärft hat.
       
       ## Die Jugend schließt sich zusammen
       
       Die Breite der Proteste ist an diesem zweiten großen Protesttag im April
       deutlich größer geworden. Auch die Muslimbrüder haben diese Woche zur
       Teilnahme aufgerufen, viele ihrer Anhänger sind dem Ruf gefolgt. Die
       Jugendbewegungen treten dieses Mal geschlossen auf: Vor wenigen Tagen haben
       sich Delegierte von über 100 Organisationen getroffen, um den Aufruf und
       den Ablauf der Proteste abzustimmen und zu koordinieren. Dabei sind auch
       Studenten, die gegen die brutale Räumung der besetzten Kairoer Universität
       demonstrieren, und Gewerkschaften, denn das Militär geht hart gegen
       Streikende im ganzen Land vor und die Medien scheuen sich, darüber zu
       berichten.
       
       Selbst aus dem Militär gab es offenbar Unterstützung. Auf YouTube tauchte
       ein Video auf, in dem ein angeblicher Offizier die Soldaten aufruft, sich
       an den Protesten zu beteiligen. Die Armee dementierte am Donnerstagabend,
       dass es sich um einen Offizier handele, wollte aber keine näheren Angaben
       machen. Stattdessen drohte sie, jeder Soldat, der in Uniform an den
       Protesten teilnimmt, werde sofort vor ein Militärgericht gestellt.
       
       Dennoch kamen viele Soldaten zu den Protesten. Die Demonstranten begrüßten
       sie jubelnd und trugen sie auf Händen über den Platz. Die breite
       Mobilisierung hatte trotz des sperrigen Namens "Freitag der Reinigung und
       des Gerichts" Erfolg. Waren es vergangene Woche je nach Quelle 50.000 bis
       eine Million Menschen, die auf den Platz strömten, so waren es jetzt
       deutlich mehr.
       
       An den Eingängen zum Tahrirplatz in Kairo kontrollieren Freiwillige die
       Menschen sorgfältig nach gefährlichen Gegenständen, auf dem Platz selbst
       ist kein Durchkommen mehr. Die Jugendbewegungen haben angekündigt, sollte
       die Armee sich weiterhin weigern mit ihnen über ihre Forderungen zu
       sprechen, den Platz auch am Abend nicht zu verlassen, sondern erneut zu
       besetzen - wie vor zwei Monaten zu Beginn der ägyptischen Revolution.
       
       8 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Juliane Schumacher
       
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