# taz.de -- Zwischen Wikileaks und Westerwelle: Opfer im Hauptstadtzirkus
       
       > Helmut Metzner war Westerwelles Büroleiter – und Quelle für die
       > US-Depeschen, die Wikileaks enthüllte. Die große Aufregung über den Fall
       > kostete dem Mann die Karriere.
       
 (IMG) Bild: Helmut Metzner, wie ihn die Medien sehen.
       
       Berlin. An jenem Montag, an dem der Spiegel erstmals über die
       Diplomatendepeschen berichtet, tritt Guido Westerwelle gegen 13.30 Uhr im
       Thomas-Dehler-Haus vor die Presse. Er bemüht sich, die Wikileaks-Geschichte
       kleinzureden, spricht von seiner bevorstehenden Reise zum EU-Afrika-Gipfel
       in Tripolis. Für die Hauptstadtjournalisten ist Libyen zu diesem Zeitpunkt
       nur eines dieser Länder, über die nichts zu wissen auch nichts schadet.
       
       Als Journalisten Westerwelle auf den "Protokollanten" ansprechen, sagt der
       Parteichef: "Ich glaube diese Geschichte so nicht." Zudem: Was der Spiegel
       als sensibles, an die USA verratenes Insiderwissen verkaufe, entspreche
       eher dem Stand von "Zeitungskommentaren". Westerwelle setzt ein Lächeln
       auf, das Gelassenheit ausstrahlen soll und schüttelt den Kopf: "Das ist so
       unbedeutend."
       
       Intern ist die FDP-Führung dagegen aufgescheucht. Rainer Brüderle schlägt
       vor, von allen infrage kommenden Mitarbeitern eidesstattliche
       Versicherungen zu verlangen. Westerwelle lehnt ab. Die eigenen
       Parteifreunde – schuldig bis zum Beweis des Gegenteils? Schließlich kündigt
       er an, dass mit den fraglichen Mitarbeitern Gespräche geführt würden. Die
       Jagd nach dem "Informanten" beginnt.
       
       Die Quelle von Wikileaks war Westerwelles Büroleiter Helmut Metzner, ein
       Mann, der viel plaudert und scherzt. In einem Atemzug spricht der
       42-Jährige heute von Demütigungen durch die Medien im vergangenen Dezember,
       von der geliebten FDP und einem blau-gelben Hasenkostüm. Er macht nicht den
       Eindruck eines geheimnisvollen Informanten. Und er weist zurecht darauf
       hin, dass es damals um Informationen ging, die man auch in der Zeitung
       nachlesen konnte – nicht um wichtige Interna.
       
       Trotzdem haben die Medien ihn als "FDP-Maulwurf" bekannt gemacht, als
       einen, der womöglich Geheimes ausplauderte und den Außenminister in
       Bedrängnis brachte. Für die Medien war Metzner die Sensation für eine
       Woche, an deren Ende er seine politische Heimat, seine Karriere und seine
       Kollegen verloren hatte.
       
       Am Ende der Woche berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
       sogar, es gebe Forderungen aus der FDP an Generalsekretär Christian
       Lindner. Der Cheforganisator der Partei solle sich von "Machenschaften"
       lösen. Angeblich gebe es homosexuelle Seilschaften in der Partei. Dies sind
       Anspielungen auf Metzner, der im Bundesvorstand Lesben- und
       Schwulenverbands sitzt. Beweise für irgendwelche Seilschaften gibt es aber
       nicht.
       
       Dennoch wird der Mann, der sich 20 Jahre für die FDP engagiert hat, von
       seinen Aufgaben als Büroleiter des Parteivorsitzenden entbunden. Denn
       Westerwelle steht damals schon unter Druck. Und nun, vier Monate später,
       hat er seinen Rückzug von der Parteispitze angekündigt.
       
       Hat Metzner seit Ausbruch des Skandals mit Guido Westerwelle gesprochen?
       "Nein", sagt er. "Ich muss mich nicht erniedrigen. Ich wüsste nicht, was es
       zu diskutieren gibt. Ich komm nicht wie ein Dackel an. Das hat Herr
       Westerwelle auch nicht getan."
       
       taz-Parlamentskorrespondent Matthias Lohre hat Helmut Metzner getroffen,
       der sich als Kommunikationsberater etwas aufbauen will. In der Ganzen
       Geschichte der aktuellen sonntaz lässt er die aufgeregte Medienwoche noch
       einmal in Zeitlupe ablaufen und analysiert, was der Fall des FDP-Maulwurfs
       über den Hauptstadtzirkus aussagt.
       
       9 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Lohre
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Führungsstreit in der FDP: Der Nächste bitte
       
       Wer Parteifreunde hat, braucht keine Todfeinde mehr. Der stellvertretende
       Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag Jürgen Koppelin sägt am Stuhl
       seiner Chefin Birgit Homburger.
       
 (DIR) FDP-Spitzelaffäre: Maulwurf hatte Zugriff auf Geheimakten
       
       Was wusste Helmut Metzner alles? Der Ex-FDP-Mann, der den USA Informationen
       zuspielte, hatte offenbar Zugang zu geheimen Unterlagen. Unterdessen meldet
       sich Wolfgang Kubicki zu Wort.
       
 (DIR) Debatte FDP und Helmut Metzner: Fang den Informanten
       
       Eine kritische Öffentlichkeit braucht das informelle Gespräch und die
       Geheimhaltung. Einen Parteispitzel wie Helmut Metzner braucht sie nicht.
       
 (DIR) FDP kriegt's nicht kleingeredet: Maulwurf Metzner soll gehen
       
       Zunächst wollte die FDP an Helmut Metzner festhalten, der Interna an die
       US-Botschaft verraten hat. Jetzt wird über seinen Abgang aus der
       Parteizentrale verhandelt.
       
 (DIR) FDP verteidigt US-Informanten: "Wir haben es nicht böse gemeint"
       
       Die FDP will den Schaden begrenzen, der nach Bekanntwerden ihres redseligen
       Informanten entsteht. Minister Dirk Niebel verteidigt die vertraulichen
       Gespräche mit dem US-Botschafter.
       
 (DIR) FDP-Spion outet sich: Guidos Guillaume enttarnt
       
       Der FDP-Spion aus den Wikileaks-Enthüllungen ist enttarnt - Westerwelles
       Büroleiter Helmut Metzner versorgte die US-Botschaft mit Details der
       Berliner Politik.