# taz.de -- FC Bayern trennt sich von Trainer van Gaal: Egomane reist an die Algarve
       
       > Einst passte Louis van Gaal der FC Bayern "wie ein warmer Mantel". Die
       > Zeiten sind vorbei: Nach dem mauen 1:1 in Nürnberg zieht der FC Bayern
       > die Reißleine.
       
 (IMG) Bild: Vom Feierbiest zum gefeuerten Biest: Louis van Gaal.
       
       MÜNCHEN taz | Das Ende kam nicht mehr überraschend, auch für Louis van Gaal
       nicht. Schon als er vor dem letzten Heimspiel gegen Gladbach gefragt wurde,
       ob er beim Benefizspiel des FC Bayern Mitte Mai noch als Chefcoach mit nach
       Japan fliegen werde, sagte der Trainer auf Abruf: "Das kann man nie wissen
       bei einem Verein wie Bayern München." Sein Instinkt trog ihn nicht: Nach
       dem enttäuschenden 1:1 in Nürnberg und dem erneuten Abrutschen auf Platz
       vier der Tabelle bekamen er und seine Assistenten Frans Hoek, Jos van Dijk
       und Max Reckers die fristlose Kündigung. In den letzten fünf Partien und im
       wichtigen Spiel gegen Bayer Leverkusen am kommenden Sonntag wird der
       bisherige Co-Trainer Andries Jonker auf der Bayern-Bank sitzen.
       
       Es hatte ja nicht mehr viel gefehlt, um das Bayern-Fass zum Überlaufen zu
       bringen. Zu viel Ärger über das Über-Ego van Gaals hatte sich beim Vorstand
       aufgestaut, von Präsident Uli Hoeneß ganz zu schweigen. Der hatte nach den
       üblen Fan-Protesten in der Münchner Arena sowieso eine harte Woche hinter
       sich, und so mancher Reporter wunderte sich schon nicht mehr, dass van Gaal
       nicht wie seit Jahr und Tag gewohnt am Tag vorm Spiel zur Presserunde
       erschien, sondern stattdessen Mario Gomez und Bastian Schweinsteiger reden
       ließ. Van Gaal hätte dort auch zum Protest gegen Hoeneß Stellung nehmen
       müssen, und vielleicht wollte er das lieber nicht - zu zerrüttet war das
       Verhältnis der beiden Alpha-Tiere - trotz mehrfach bekundeten Burgfriedens.
       
       Daran ist der Holländer letztendlich auch gescheitert: an seinem
       Nicht-Verhältnis zu Hoeneß und in Teilen auch zu Vorstand Karl-Heinz
       Rummenigge. Ein paar Mal zu oft hatte van Gaal die Bayern-Bosse vor den
       Kopf gestoßen, zum Teil auch öffentlich fast gedemütigt. Unvergessen die
       Szene bei der Buch-Präsentation in einem Münchner Restaurant, als er die
       versammelten Vorstandsmitglieder einzeln aufrief, um ihnen ein Exemplar
       seines zweibändigen Werkes zu überreichen. Als Rummenigge dran war, zeigte
       van Gaal auf den Philosophie-Teil des Wälzers und meinte: "Das sollten Sie
       auch mal lesen!" Rummenigge versuchte ein Lächeln.
       
       ## Eine Abkehr vom System? Nie!
       
       Es gibt aber auch sportliche Gründe für van Gaals Scheitern. Dass die
       Erfolgssträhne der vergangenen Rückrunde irgendwann reißen würde, war klar.
       Auf das Ausbleiben einer neuerlichen Serie war er offenbar nicht
       eingestellt. Die vom Vorstand dringend angeratene Verstärkung des Kaders
       schlug er aus und ging (abgesehen vom Heimkehrer Toni Kroos) mit dem selben
       Team in die neue Saison. Die Nachwehen der WM trafen Dreiviertel des Kaders
       und zogen sich über Monate hinweg. Das verletzungsbedingte Fehlen der
       Kreativen Arjen Robben und Franck Ribery vermochte van Gaal nicht
       auszugleichen; eine Abkehr vom ewig gleichen 4-2-3-1-System kam für ihn nie
       in Frage.
       
       Die nun benötigten Ersatzkräfte hatten längst jegliche Motivation verloren.
       Youngsters wie Holger Badstuber und Thomas Müller fielen in unterschiedlich
       tiefe Formkrisen, gegen die auch Vielspieler wie Bastian Schweinsteiger und
       Philipp Lahm nicht gefeit waren. Dass ausgerechnet der von van Gaal über
       Nacht zur neuen Nummer eins erkorene Torwart Thomas Kraft mit deftigen
       Patzern in Hannover und nun in Nürnberg für die Entlassung seines Förderers
       sorgte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
       
       Das Versäumnis der Vereinsführung ist es, nicht schon früher für klare
       Verhältnisse gesorgt zu haben. Ein Louis van Gaal als Trainer auf Abruf war
       keine gute Idee und verletzte das immense Ego dieses Mannes auf irreparable
       Weise. Zwar gelangen zuletzt drei Bundesliga-Siege in Serie, doch gerade
       gegen Schlusslicht Gladbach trat das Team zu Beginn derart blutleer auf,
       als läge man drei Spieltage vor Schluss bereits 14 Punkte vor dem Feld. Es
       ist aber nur Platz vier, und der berechtigt zur Teilnahme an der Europa
       League, die bei Bayern in etwa so beliebt ist wie eine Spielgemeinschaft
       mit dem TSV 1860 München.
       
       Während sein Co-Coach Jonker das Bayern-Kind noch aus dem Brunnen fischen
       soll, wird Louis van Gaal das Sabbatical-Jahr in seiner portugiesischen
       Ferienwohnung einen Monat früher als geplant anfangen. Mit Gattin Truus
       will er Tennis und Golf spielen, psychologische Bücher lesen, Fußball
       gucken und den ein oder anderen kräftigen Rioja trinken. Der Frühling an
       der Algarve soll wunderschön sein.
       
       10 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Becker
       
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