# taz.de -- Vor den Wahlen in Berlin: Neue MigrantInnen braucht das Land
       
       > Unter den Parteien nimmt allein die SPD das neue Integrationsgesetz ernst
       > und nominiert mehr Migranten auf ihrer Kandidatenliste für die
       > Abgeordnetenhauswahl.
       
 (IMG) Bild: Könnte mehr MigrantInnen vertragen: Das Berliner Abgeordnetenhaus.
       
       Er erwarte, dass Parteien künftig auch "politisch verantwortliche
       Positionen mit Migranten besetzen", hatte Hakan Tas Anfang Januar der taz
       gesagt. Hintergrund war das "Gesetz zur Regelung von Integration und
       Partizipation von MigrantInnen", das der rot-rote Senat damals
       verabschiedet und das Abgeordnetenhaus beschlossen hatte. Die ursprüngliche
       Anregung zu dem Gesetz kam vom Landesintegrationsbeirat, dessen
       stellvertretender Vorsitzer Tas ist.
       
       Doch der Blick auf die KandidatInnenlisten der Parteien für die
       bevorstehende Wahl zeigt heute: Viel Gehör fand Tas mit seiner Anregung
       nicht. Zwar kandidiert der 44-jährige Journalist türkischer Herkunft
       selbst: Als Kandidat der Linkspartei mit dem ausichtsreichen Listenplatz
       10. Doch ersetzt er den kurdischstämmigen Abgeordneten Giyasettin Sayan,
       der bei der nächsten Wahl nicht wieder antritt.
       
       ## Viele altbekannte Namen
       
       Die Zahl der Kandidatinnen und Kandidaten nicht deutscher Herkunft hat sich
       bei den Linken damit insgesamt nicht erhöht. Mit Evrim Baba-Sommer bleibt
       eine weitere kurdischstämmige Deutsche auf einem aussichtsreichen Platz.
       Die türkischstämmige Abgeordnete Kadriye Karci, in das aktuelle Parlament
       nachgerückt, steht wieder auf einem Listenplatz, der eher Nachrück- als
       Wahlchancen verspricht.
       
       Bei den anderen Parteien sieht es nicht besser aus: Auch die Grünen haben
       es nicht geschafft, auf ihren bislang festgelegten 17 ersten Listenplätzen
       neue oder mehr KandidatInnen nicht deutscher Herkunft zu nominieren, obwohl
       bei ihnen jeder dritte Platz mit einem Neuling besetzt werden muss. Die
       KandidatInnen mit Migrationshintergrund haben die altbekannten Namen:
       Bildungspolitiker Özcan Mutlu kandidiert auf Platz 8, Flüchtlings- und
       Migrationsexpertin Canan Bayram, die eigentlich Listenplatz 7 haben wollte,
       musste sich mit dem immer noch sicheren 17. Platz abfinden.
       
       Bei der CDU bleibt es bei einer Kandidatin nicht deutscher Herkunft: Emine
       Demirbüken, die bereits Abgeordnete ist. Zwar stehen in
       Kreuzberg-Friedrichshain zwei weitere Christdemokraten türkischer Herkunft
       auf der Kandidatenliste, doch es ist unwahrscheinlich, dass dort mehr
       CDUlern als Spitzenkandidat Kurt Wansner der Einzug ins Parlament gelingt.
       Komplette Fehlanzeige bei der FDP: Hier steht gar niemand nicht deutscher
       Herkunft auf einem aussichtsreichen Platz.
       
       Allein die SPD glänzt mit drei neuen Namen auf den bezirklichen
       KandidatInnenlisten. Erol Özkaraca in Neukölln, Muharrem Aras in Kreuzberg
       und Ilkin Özisik in Mitte treten an.
       
       Drei Männer, drei türkeistämmige Genossen. "Wir haben vorher viele Frauen
       mit Migrationshintergrund gehabt, jetzt mischen wir besser", erklärt das
       Ülker Radziwill, selbst türkeistämmige sozialdemokratische Abgeordnete und
       Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migration der SPD: "Erst kamen starke
       Frauen, jetzt kommen starke Männer nach." Dass bislang vor allem
       Türkeistämmige kandidieren, sei leicht zu erklären: "Sie sind schlicht
       länger hier als andere Einwanderer und haben früher angefangen, sich in den
       Parteien und gerade in der SPD zu organisieren", so Radziwill.
       
       "Bei uns bin ich der einzige Mann!", sagt auch Hakan Tas, der ebenfalls
       türkeistämmige neue Linken-Kandidat. Als schwuler Migrant setze er sich
       seit Jahren gegen Diskriminierungen ein. Das soll auch einer seiner
       Arbeitsschwerpunkte als künftiger Parlamentarier werden - und die Umsetzung
       des Partizipations- und Integrationsgesetzes. "Sofort eins zu eins umsetzen
       können wir das auch in unserer Partei nicht", sagt er mit Blick auf die
       gleich gebliebene Anzahl nicht-deutschstämmiger Linkspartei-KandidatInnen.
       "Aber wir arbeiten daran."
       
       12 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alke Wierth
       
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