# taz.de -- Serie Crowdfunding - Teil 3: "Viel Kapital hilft nicht immer viel"
       
       > Die Plattform Seedmatch.de will Investoren und junge Unternehmen
       > zusammenbringen. Dabei geht es nicht nur um Gewinn, sondern auch um den
       > Mehrwert.
       
 (IMG) Bild: Crowdfunding, das ist auch der Gedanke, Investment sozial zu machen.
       
       Das Prinzip ist einfach. Und einleuchtend: Es gibt da diese Idee, die noch
       keiner hatte. Aber es gibt kein Geld, sie umzusetzen. Also heißt es,
       überzeugend zu sein. Und dafür gibt es heute den direkten Weg: man
       motiviert den Endkunden, das Publikum, die Zielgruppe. Man stellt ihnen das
       Vorhaben vor, spart sich Marktforschung und andere Zukunftsszenarien und
       schaut, ob das Projekt überzeugt.
       
       Crowdfunding nennt sich dieses Prinzip, auf Deutsch: Schwarmfinanzierung.
       Über [1][100 Seiten] gibt es bereits, Tendenz steigend. Hier kommt das
       Internet ganz zu sich selbst: Es ersetzt traditionelle hierarchische
       Investitionsstrukturen wie Bankdarlehen oder Startup-Investoren und bringt
       die beiden Enden des Marktes – Produzent und Kunde – näher zueinander.
       
       Die Plattform [2][Seedmatch.de] betont den finanziellen Aspekt: die Seite
       will Investoren und junge Unternehmen mit Wachstumspotenzial
       zusammenbringen. „Wir haben das proof of concept an uns selbst
       ausprobiert“, sagt Jens-Uwe Sauer, Gründer der Seite. „Und es hat gut
       funktioniert. Jetzt starten wir demnächst mit Projekten um die 100.000
       Euro, mittelfristig soll es dann in die 500.000 gehen.“
       
       Die Idee zum Crowdfunding kam ihm vor zwei Jahren, als nach der
       Wirtschaftskrise sehr wenig Geld im Markt war und Startups, die
       beispielsweise auf Cleantech – auf saubere Technologien – setzten, schwer
       einen Fuß in die Tür bekamen. Um ihnen Unabhängigkeit und ein bisschen
       Planungssicherheit zu gewährleisten, mussten neue Modelle her.
       
       Damals entwickelte sich der Begriff bootstrapping, das heißt: sich an den
       eigenen Schnürsenkeln aus dem Sumpf herausziehen. Ziel ist die Vermeidung
       von Ausgaben, wobei es darauf ankommt, möglichst zeitnah ins operative
       Geschäft einsteigen zu können und nicht zu schnell zu wachsen. Dieser
       Ansatz ist auch ein Ausdruck der neuen Bescheidenheit in der Startup-Szene,
       die durch den Zusammenbruch der New Economy und die Weltwirtschaftskrise
       empfindlich getroffen wurde. Es reifte die Erkenntnis, dass „viel Kapital
       nicht immer viel hilft“, wie Sauer sagt, und dass eine große Überzeichnung,
       eine schnelle Marktreife und eine große Kundennähe zu besseren,
       befriedigenderen Ergebnissen führt.
       
       Also galt es, neue Möglichkeiten zu finden: zum Beispiel durch die
       Popularisierung des Marktes. „Wie erlauben es jedem einzelnen Geldgeber,
       sich ein individuelles Portfolio zusammenzustellen“, so Sauer, „und wir
       sind davon überzeugt, dass aus vielen kleinen Entscheidungen eine große
       Idee erwächst.“
       
       Denn es geht nicht allein um die Investition und den Gewinn – Sauer rechnet
       mit Usern, die pro Jahr 2000 Euro in drei bis fünf Projekte stecken. Es
       geht auch um den Mehrwert, der entsteht, wenn man von Beginn an einer
       Unternehmung folgt, ihr bei der Realisierung zusieht, seine eigene
       Überzeugung bestätigt sieht und dadurch eine emotionale Beziehung zu dem
       Produkt aufbaut.
       
       Seedmatch wird die Startups, die es unterstützt, selbst auswählen: es geht
       um Cleantech, IT und Kommunikation, es geht um Life Science, also
       Biowissenschaften. Zukunftsträchtige Technologien, aufmerksamsträchtige
       Ideen, die in der Lage sind, Kleininvestoren so zu überzeugen, dass sie
       nicht nur ihr Kapital zur Verfügung stellen, sondern obendrein ihre Freunde
       anwerben, mitzuinvestieren. Crowdfunding, das ist auch der Gedanke,
       Investment sozial zu machen.
       
       Ob sich diese Voraussicht in der Praxis umsetzen lässt, wird sich noch
       zeigen. Bis dahin freut sich Sauer über jeden Euro, der investiert wird,
       denn jede Erfolgsgeschichte wird Neugründungen nach sich ziehen. „Und eine
       Gründung ist immer erstmal positiv, weil Arbeitsplätze entstehen.“
       
       13 Apr 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://leanderwattig.de/index.php/2010/10/22/liste-mit-crowdfunding-plattformen-wer-kennt-noch-andere/
 (DIR) [2] http://www.seedmatch.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederic Valin
       
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