# taz.de -- Koalitionsgespräche in Baden-Württemberg: Stillstand 21
       
       > Bei dem umstrittenen Projekt Stuttgart 21 kommen Grüne und SPD einander
       > nicht näher. Die Ergebnisse passen auf eine Briefmarke, sagt selbst
       > Winfried Kretschmann.
       
 (IMG) Bild: Politikwechsel? Wenn daraus etwas werden soll, müssen sich Grüne und SPD erstmal über Stuttgart 21 einig werden.
       
       STUTTGART taz | Am Ende blieben ratlose Journalisten zurück. Gerade mal
       eine Viertelstunde hatten sie mit dem designierten Ministerpräsidenten
       Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann (Die Grünen), und dem
       SPD-Landeschef, Nils Schmid, gesprochen. Es ging um das Dauerstreitthema
       Stuttgart 21, über das die künftige Koalition am Donnerstag ein zweites Mal
       verhandelt hatte.
       
       Die Ergebnisse passten auf eine Zeitungsbriefmarke, hatte Kretschmann
       selbst gesagt. Doch gerade dieser Stillstand zeigt, wie brisant das Thema
       hinter den Kulissen debattiert wird. Das Bild zweier ICE-Züge, die
       aufeinander zurasen, dient in diesen Tagen immer wieder als Metapher für
       den Machtkampf.
       
       Letztlich bietet die Geschichte zwei Lesarten. Nach der Wahl sah mit dem
       von der Deutschen Bahn verhängten Baustopp und neuen Gutachten über hohe
       Risiken alles danach aus, als bringe allein der Regierungswechsel das
       Milliardenprojekt ins Wanken. Viele Beobachter denken, dass alles weitere
       nur ein Mikadospielchen ist: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Denn
       derjenige, der den Ausstieg erklärt, muss auch die damit verbundenen Kosten
       übernehmen.
       
       Mit der Eigendynamik, die das Thema seit der Wahlnacht entwickelt hat,
       stünde demnach die SPD gewaltig unter Druck, die mehrheitlich für das
       Projekt ist. Nur kann sie zum jetzigen Zeitpunkt von ihrer Forderung nach
       einer Volksabstimmung noch nicht abrücken. Deshalb äußert sie sich zu
       Kostenfragen - einer möglichen Sollbruchstelle für das Projekt - und
       ähnlichen Diskussionen nicht.
       
       ## Die Grünen drohen zu scheitern
       
       Nach der zweiten Lesart jedoch stehen die Grünen gewaltig unter Druck und
       drohen geradewegs auf eine bittere Niederlage zuzurasen. Denn noch sieht
       alles danach aus, dass eine Volksabstimmung im Koalitionsvertrag
       festgeschrieben wird. "Der Begriff wird selbstverständlich auftauchen",
       sagte Kretschmann am Donnerstag.
       
       Die Erfolgsaussichten für die S-21-Gegner bei einer solchen Abstimmung sind
       jedoch minimal. Denn das Quorum sieht vor, dass mindestens ein Drittel
       aller Wahlberechtigten für einen Ausstieg stimmen müsste. Abgesenkt werden
       könnte das Quorum nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament, also mit
       Stimmen von CDU und FDP.
       
       Kretschmann spricht deshalb schon jetzt von einem unfairen Verfahren. Auf
       die Frage, ob die Grünen deshalb eine Volksabstimmung erst nach einer
       Senkung des Quorums durchführen würden, sagte er lediglich: "Das werden wir
       alles besprechen." Darum wird es also am nächsten Mittwoch gehen: Wann und
       in welcher Form kommt eine Volksabstimmung, welche Rolle spielen dabei die
       Ergebnisse des Stresstests? Und: Wie kann jede Seite dabei ihr Gesicht
       wahren?
       
       Zumindest eines scheint gewiss: Sollte es unter diesen Umständen einen
       Volksentscheid für Stuttgart 21 geben, löste dies kaum den
       gesellschaftlichen Konflikt. Wenn selbst Kretschmann das Verfahren als
       unfair bezeichnet, werden die S-21-Gegner bei einer derartigen Abstimmung
       wohl kaum Ruhe geben.
       
       14 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
       
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