# taz.de -- Subventionierte Landwirtschaft: EU-Fleisch macht Afrikas Bauern hungrig
       
       > Die Fleisch-Ausfuhren der Europäer nach Afrika steigen rasant. Die
       > Europäische Union dränge mit subventioniertem Fleisch lokale Produzenten
       > in den Hunger, kritisieren Aktivisten.
       
 (IMG) Bild: Schön wär’s! Nach Afrika werden vor allem Fleischreste geliefert
       
       BERLIN taz | Die Europäische Union exportiert immer mehr subventioniertes
       Fleisch nach Afrika und schadet damit den dortigen Produzenten. Wie eine
       Datenbankabfrage der taz beim Statistikamt Eurostat bestätigte, steigerten
       die Europäer, deren Ernährungsindustrie vor allem im Ausland wachsen will,
       ihre Fleischausfuhren im vergangenen Jahr um rund 44 Prozent auf 480.000
       Tonnen.
       
       Das sind zwar nur 12 Prozent ihrer Gesamtexporte. Doch weil die Märkte
       vieler Abnehmerländer sehr klein sind, hat es einen großen Einfluss auf die
       lokale Wirtschaft.
       
       Das gilt besonders für den Geflügelfleischmarkt. Zum Beispiel in Benin: Von
       den 86.000 Tonnen Fleisch, die laut den aktuellsten Zahlen der
       UN-Agrarorganisation FAO 2007 dort angeboten wurden, kamen 74 Prozent aus
       Europa. Nichts deutet darauf hin, dass der Anteil zwischenzeitlich gesunken
       ist: 2010 lieferte die EU 78 Prozent mehr Geflügelfleisch nach Benin als
       2007.
       
       In anderen afrikanischen Ländern geht es ähnlich zu. In die Demokratische
       Republik Kongo lieferte die EU 2007 rund 23.800 Tonnen Geflügelfleisch, das
       entspricht einem Marktanteil von 39 Prozent. Togo bekam etwa 8.400 Tonnen,
       34 Prozent des Gesamtmarktes.
       
       "Europa ist dabei, sämtliche Tierhaltung und Tiermast in Afrika zu
       schädigen oder zu zerstören", sagt Handelsfachmann Francisco Marí vom
       Evangelischen Entwicklungsdienst. Ein Kilogramm Geflügel aus der EU koste
       den Verbraucher in Benin 1,40 Euro, für Fleisch aus lokaler Produktion
       müsse er aber 2,10 Euro zahlen.
       
       "Die Broiler-Produktion in Benin ist vor drei, fünf Jahren vor allem wegen
       der ausländischen Konkurrenz zusammengebrochen. Lokale Hühner werden nur
       noch für Luxusrestaurants gezüchtet", so Marí.
       
       Möglich sei das Preisdumping auch, weil die Europäer vor allem
       "Fleischreste verkaufen, die die Schlachthöfe sonst wegwerfen". Schließlich
       äßen etwa die Deutschen vor allem Brust und Filet, die Reste wie Hals,
       Flügel und Innereien würden per Kühlcontainer in Drittländer verschifft.
       
       Außerdem werden die EU-Produzenten subventioniert. Bei den afrikanischen
       Exporten gebe es zwar keine direkten Zuschüsse, sagt Agrarexpertin Reinhild
       Benning vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Aber dafür
       gibt es Hilfen für die Futterproduktion, den Bau von Ställen und für
       Schlachthofkonzerne.
       
       "Wir schätzen, dass jedes Jahr ein dreistelliger Millionenbetrag an
       Subventionen in die ganze Kette der Erzeugung von Fleisch in Deutschland
       fließt."
       
       Dafür machen die Aktivisten auch Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU)
       verantwortlich. "Aigners Ministerium wirbt in aller Welt für deutsche
       Fleischexporte und drängt auf Öffnung der Märkte vieler
       Entwicklungsländer", kritisiert Benning.
       
       Die Ernährungsindustrie könne zum Beispiel für Messen Fördergelder aus dem
       millionenschweren Exportförderprogramm des Verbraucherministeriums
       erhalten. "So ein Megawerbeprogramm leistet sich kein afrikanisches und
       auch kein anderes Entwicklungsland."
       
       Der BUND fordert deshalb von der Bundesregierung, das Exportförderprogramm
       zu stoppen und sich für ein Ende der exportorientierten Politik der EU
       einzusetzen.
       
       Ein Sprecher von Aigner wies das zurück. "Die wesentlichen Zielländer der
       EU-Agrarexporte sind vor allem Industrieländer oder aufstrebende
       Volkswirtschaften", erklärte er. Nur in solchen Staaten helfe das
       Landwirtschaftsministerium deutschen Produzenten, Märkte zu erschließen
       oder zu sichern. Das seien "keine Entwicklungsländer".
       
       15 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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