# taz.de -- Kommentar zur Krise der Linkspartei: Effektive Selbstzerstörung
       
       > Die öffentliche Selbstzerfleischung der Linken-Spitze ist nur ein Symptom
       > für die tiefe Krise der Partei. Entscheidende Macht- und Programmfragen
       > sind ungeklärt.
       
       Nicht mehr die Abschaffung von Hartz IV scheint seit einigen Monaten das
       wichtigste Ziel der Linkspartei zu sein, sondern ihre möglichst effektive
       Selbstzerstörung. Ob es die Geisterdebatte über Oskar Lafontaines Rückkehr
       ist oder gegenseitige Beschimpfungen ihrer Spitzenleute, mit der sie
       unverhohlen Verachtung füreinander dokumentieren – offensiver kann eine
       Partei den eigenen Niedergang kaum betreiben.
       
       Dabei handelt es sich bei all dem nur um Symptome, die die tiefe Krise der
       Partei offenlegen. Die Linke-Spitze im Bund und führende Akteure in den
       Ländern benehmen sich wie Kinder, die sich die Augen zuhalten, um das
       Fürchterliche nicht sehen zu müssen. Die Linkspartei befindet sich in einer
       fatalen Erstarrung, weil entscheidende Machtfragen ungeklärt sind.
       
       Zunächst die programmatische: Weg mit Hartz IV, kein Krieg, keine
       Privatisierungen, mit diesem Dreiklang lassen sich im Jahr 2011 nicht
       flächendeckend westdeutsche Landtage erobern. Jeder Versuch, sich breiter
       und intellektuell anspruchsvoller aufzustellen, ist bisher gescheitert,
       weil die Positionen von ostdeutschen Pragmatikern und westdeutschen
       Ex-WASG-Leuten unvereinbar sind. Deshalb dümpelt auch die Arbeit am
       Grundsatzprogramm zäh vor sich hin. Weil sie sich nicht entscheiden kann,
       ist die Partei zum kleinsten gemeinsamen Nenner verdammt.
       
       Ähnlich sieht es beim Spitzenpersonal aus. Eine genau austarierte,
       paritätisch besetzte Kombo, angeführt von Klaus Ernst und Gesine Lötzsch,
       soll alle Nischen spiegeln und bedienen. Dass diese Führung mit der Aufgabe
       völlig überfordert ist, der Partei Ideen, eine Vision und damit eine
       Zukunft zu geben, ist dabei irrelevant.
       
       Die Gefahr, dass die Partei an diesen Konflikten zerbricht, ist real;
       deshalb ist es verständlich, dass sie sie bis zum letzten Moment ignoriert.
       Doch die vergangenen Wochen haben gezeigt, wie zersetzend diese
       Selbstsuggestion wirkt. Und wie nötig der richtige Streit ist.
       
       20 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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