# taz.de -- Die vielen Leben des Rolf Zacher: "Was uns rettet, ist die Liebe"
       
       > Der Schauspieler Rolf Zacher ist ein Comeback-Experte. Seine Karriere
       > gleicht einer Achterbahn: hoch, runter, hoch, runter. Gerade rappelt er
       > sich wieder auf.
       
 (IMG) Bild: "Der glücklichste Mensch der Welt" sei er, so Rolf Zacher.
       
       Da kommt der alte Zacher, guck ma wie er wieder gähnt / das warn ja wilde
       Zeiten, hab ich sicher schon erwähnt? / auf jedem ausgelatschten Teppich
       vorne mit dabei / ihr seid alle Nutten Mann, und Baby, so am I (Rolf Zacher
       "Latest Hits")
       
       Die letzten Meldungen klangen alles andere als gut: Rolf Zacher übernachte
       in einem Opel Astra Kombi. Auf einer Schaumstoffmatratze. Er habe sein
       Bankkonto verloren und lebe von 509 Euro Rente, schrieb die Bild-Zeitung.
       Es gab Gerüchte, Zacher sei versoffen und pleite.
       
       Aber jetzt steht Rolf Zacher in der Suite eines Luxushotels in Westberlin
       und lacht, die Pressefrau bittet die Journalisten herein. Es ist Frühling,
       Rolf Zacher ist wieder da, und es gibt so viel zu feiern: 70 ist er jetzt,
       hat es tatsächlich geschafft. Die Haare sind grau, die Turnschuhe
       schmutzig, aber Zacher steht im Sonnenschein, das Einstecktuch im Sakko
       leuchtet rot, den weißen Schal hat er dabei, wie immer, das melancholische
       Zacher-Gesicht. Denn die Show geht weiter, im Herbst soll die neue CD in
       den Läden stehen. Rolf Zacher ruft: "Singen ist schon immer mein Ding. Alle
       haben immer gesagt, dass ich ein toller Sänger bin."
       
       Rolf Zacher ist eigentlich Schauspieler. Wahrscheinlich einer der
       bekanntesten, die dieses Land hat. Bei über 200 Filmen hat Zacher
       mitgemacht. Meist tritt er als schmieriger Ganove auf, als
       Kleinkrimineller, Kokser, Zuhälter. Zacher spielt die Typen am unteren Rand
       der Gesellschaft und hat sich selbst damit nach oben manövriert.
       
       Aber Rolf Zacher ist ein Mensch, der schlingert zwischen den Extremen.
       Erfolg ist kein Zustand, den er dauerhaft aushält. Und auch beim Scheitern
       bleibt er in Bewegung. Nach jedem Ausflug ins Dunkle treibt Zacher zurück
       ins Licht.
       
       Lange geht das schon so. 1982 hat Zacher den Bundesfilmpreis verliehen
       bekommen, war ständig im Fernsehen, hat Robert De Niro synchronisiert. Viel
       mehr kann man in Deutschland nicht erreichen. Zacher wohnte in teuren
       Hotels, fuhr mit dem Sportwagen durch München, umarmte die Frauen. Er war
       so weit oben, dass er fallen musste.
       
       ## Das Heroin fegte die Schmerzen weg
       
       Er hatte schon vorher dafür gesorgt. Denn Ende der Sechziger hatte Zacher
       einen Unfall mit seinem Porsche. Sein Rücken tat weh, die Schmerzen hörten
       nicht auf. Zacher nahm Morphium. Die Schmerzen blieben. Zacher schniefte
       Heroin. Das Heroin fegte die Schmerzen weg. Und ihn auch. Zacher war ein
       Star. Aber seit dem Heroin ist seine Karriere keine Leiter, die zuverlässig
       nach oben führt. Seither gleicht sie eher einer Achterbahn. Sie läuft
       besser, dann schlechter, dann wieder besser.
       
       Als ihm die Angebote zuflogen, drehte er "Tatort"-Folgen, war
       Seriendarsteller, erschien im Vorabendprogramm. Der Rausch hat ihn dabei
       oft eingeholt. Ihm kamen Frauen dazwischen, Tabletten, Alkohol. Er hatte
       Dämonen im Nacken sitzen, schmiss das Geld zum Fenster raus. "In jede
       dunkle Gasse bin ich rein", sagt Zacher. Manchmal kam die Welt erst im
       Gefängnis zum Stehen. Im Internet heißt es, Zacher habe über 70
       Entziehungskuren und mehrere Haftstrafen abgesessen. Ihn selbst kann man
       dazu nicht fragen. Die Pressefrau beschließt: das Thema ist tabu.
       
       Ende der achtziger Jahre kam Zacher von den Drogen runter. Das ist die
       Version, die sie jetzt der Öffentlichkeit anbieten. Immerhin gibt es eine
       Gewissheit, an der Rolf Zacher festhält: "Wenn ich am Boden bin, gehts
       irgendwann wieder aufwärts", sagt er. "Was uns rettet, ist die Liebe."
       
       Er muss es wissen. Zacher ist ein Experte, was Comebacks betrifft. Stets
       fand sich eine weitere Rolle, ein Krimi, eine Serie, ein Thriller.
       Halbwelt-Gestalten werden im deutschen Fernsehen immer gebraucht.
       
       Die Ausschläge nach ganz oben sind dennoch selten geworden. Zacher hat bei
       einer ARD-Telenovela mitgespielt, hat seine Autobiografie geschrieben, war
       auf Tournee mit den Liedern, die er jetzt singt. Lieder vom Trinken sind
       das, vom schönen Leben im Schmutz. Sie passen zum Image, das Zacher jetzt
       hat.
       
       ## Die Sache mit dem Opel Astra
       
       Das Buch und die CD haben sich nicht so gut verkauft. Und zu Dreharbeiten
       sei er tagelang nicht aufgetaucht, sagen Kollegen. Vielleicht war er
       betrunken, vielleicht nicht. Die Sache mit der Schaumstoffmatratze im Opel
       Astra, erklärt die Pressefrau so: "Das stimmt natürlich überhaupt nicht!
       Das war eine ganz miese Nummer von der Bild-Zeitung. Die haben ihn
       reingelegt." Zacher brüllt: "Na klar, übernachte ich manchmal im Bus! Ist
       doch herrlich!"
       
       Man könnte sagen: Rolf Zacher ist eine einigermaßen verkrachte Existenz. So
       wie er in dieser Hotelsuite sitzt, ein gekämmter Hund von der Straße. So
       wie die Pressefrau auf ihn aufpasst.
       
       Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Rolf Zacher ist glücklich. "Der
       glücklichste Mensch der Welt", meint er. Das Leben ist eine unsichere
       Sache. Und wer sich so durchs Dickicht schlagen muss, findet das Glück
       wahrscheinlich irgendwann auf dem langen Weg zu sich selbst. "Nur Vergnügen
       ist doch langweilig", sagt Zacher. Er meditiert jetzt jeden Morgen, macht
       Yoga, trinkt heißes Wasser, läuft sieben Kilometer. So zahm fangen seine
       Tage nun an, Zacher breitet die Arme weit aus.
       
       Geld braucht er trotzdem. Deshalb nimmt er gerade eine neue CD auf.
       Vielleicht kommt er damit ins Geschäft. Schon in den Siebzigern hat er
       kurzzeitig bei der Krautrockband Amon Düül mitgespielt. "Die Leute kommen
       auf meine Konzerte und hören mir zu. Die lieben mich alle. Mit der Musik
       kann ich sie erreichen, das ist Energieaustausch. Ich kann Ihnen helfen,
       ich hab doch eine Botschaft. Deswegen bin ich auch so gut drauf."
       
       Er haut sie raus, diese Sätze. Mit ihnen gewinnt die Wirklichkeit neu an
       Fahrt, das kann man schon sehen. Gleich wird er zum Mittagessen mit dem
       Fahrstuhl in die Lobby fahren, den Angestellten hinter der Rezeption
       winken. Auch diesmal gilt: Rolf Zacher hat sich aufgerappelt.
       
       Seine Botschaft geht übrigens so: "Wir müssen alle innehalten. Langsamer
       werden. Wir müssen versuchen, die Erde ganz zart zu behandeln." Es ist
       schon klar: Es braucht eine Menge Selbstüberschätzung, eine große
       Verdrängungsleistung. Aber am Ende ist Rolf Zacher auch nur ein
       sentimentaler Held. Ein alter Mann, der versucht, irgendwie über die Runden
       zu kommen.
       
       24 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kirsten Küppers
       
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