# taz.de -- Asylbewerber in Australien: Internierungslager in Brand gesetzt
       
       > Asylbewerber setzen ein Lager in Sydney in Brand. Die Regierung
       > beschuldigt abgelehnte Flüchtlinge. Die Situation in den Lagern sei
       > unerträglich, sagen Flüchtlingshelfer.
       
 (IMG) Bild: Die Flüchtlinge leben in permanenter Angst, sagt die "Refugee Action Coalition".
       
       BERLIN taz | In einem Internierungslager in Sydney haben Asylbewerber in
       der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag rebelliert und dabei neun Gebäude in
       Brand gesteckt. Dabei explodierte eine Sauerstofflasche. Die anrückende
       Feuerwehr wurde zum Teil von Dächern aus mit Ziegeln beworfen und konnte
       erst unter Polizeischutz löschen, wie australische Medien berichten.
       
       Noch am Donnerstag harrten in dem Lager Villawood im Westen Sydneys sieben
       Flüchtlinge auf einem Dach neben einem Transparent mit der Aufschrift "Wir
       brauchen Hilfe" aus. Insgesamt sollen sich bis zu 100 der 400 Insassen an
       der Rebellion beteiligt haben. Nach Regierungsangaben gab es
       "wundersamerweise" keine Verletzten, obwohl die Gebäude schwer beschädigt
       wurden.
       
       Erst im März war es in einem Internierungslager auf der zu Australien
       gehörenden Weihnachtsinsel im Indischen Ozean zu Protesten gekommen. In den
       letzten Jahren ist es in australischen Lagern, wo Flüchtlinge für die Zeit
       ihres Asylverfahrens oft jahrelang hinter Stacheldraht zwangsinterniert
       sind, immer wieder zu Aufständen, Protesten, Fluchtversuchen und
       Selbstmorden gekommen. Im Lager Villawood gab es zuletzt im vergangenen
       September Proteste, nachdem ein Flüchtling aus Fidschi von einem Dach in
       den Tod gesprungen war.
       
       ## Die Regierung bleibt hart
       
       Einwanderungsminister Chris Bowen machte jetzt Flüchtlinge, deren
       Asylantrag abgelehnt worden war, für die Unruhen verantwortlich. Er
       bezeichnete ihr Verhalten als "absolut inaktzeptabel". Er sagte in der
       Hauptstadt Canberra: "Wenn sie denken, sie werden wegen dieser Art von
       Protest als Flüchtlinge anerkannt, haben sie sich die falsche Regierung und
       den falschen Minister ausgesucht, denn dies wird nicht passieren."
       
       Bowens Sprecher lehnte die Forderung von Flüchtlingen zu Verhandlungen ab,
       solange diese noch auf dem Dach protestierten. Bowen kündigte an, dass eine
       Kommission, die die letzten Flüchtlingsproteste in Christmas Island
       untersuchen soll, jetzt auch mit einer Untersuchung der Rebellion in
       Villawood beauftragt werde.
       
       ## "Unruhen sind eine Hilfeschrei"
       
       Die konservative Opposition wirft der Labour-Regierung vor, das jetzige
       Flüchtlingsproblem erst geschaffen zu haben, weil sie die frühere
       abschreckende Politik gelockert habe. Umgekehrt machen humanitäre und
       Flüchtlingsorganisationen die Ungewissheit und die belastende Situation in
       den Lagern für die Unruhen verantwortlich. "Die Asylsuchenden leben in
       permanenter Angst zurückgeschickt zu werden," sagte Brami Jegan von der
       Refugee Action Coalition. "Das würde sich bei jedem auf die psychische
       Verfassung auswirken." Die Unruhen seien ein Hilfeschrei.
       
       Die meisten Flüchtlinge in Australien kommen aus Afghanistan, Irak und Sri
       Lanka. Viele kommen als so genannte Boat People mit Fischerbooten von
       Indonesien aus übers Meer. Die Anerkennungs- und Duldungsquote liegt bei
       über 90 Prozent.
       
       Der Flüchtlingsrechtsberater David Manne erinnerte im australischen
       Rundfunk ABC daran, dass die jetzige Labor-Regierung zu Beginn ihrer
       Amtszeit im Dezember 2007 die Zwangsinternierung wegen ihrer inhumanen
       psychischen Folgen weitgehend abschaffen oder zumindest zeitlich begrenzen
       wollte. In Australien honorieren die Wähler wie in vielen anderen Ländern
       jedoch oft eine Politik, die Härte gegenüber Flüchtlingen zeigt. So sah die
       Regierung unter dem Druck der konservativen Opposion von den geplanten
       Reformen ab und setzte deren abschreckende Flüchtlingspolitik und die
       Zwangsinternierung in Lagern möglichst außerhalb des australischen
       Festlandes fort.
       
       21 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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