# taz.de -- Kolumne Kriegsreporterin: Die einen heulen, die anderen sparen
       
       > ARD und ZDF werden live von der royalen Hochzeit berichten. Die die
       > Tränen stehen bereits im Anschlag – auch, weil die Fernsehkollegen sparen
       > müssen.
       
       Ich bin voll in den Vorbereitungen. Nur noch zweimal schlafen. Kate und
       William. Ich bekomme schon jetzt kein Auge zu. Die Tränen stehen bereits im
       Anschlag. Bereit, mit den ersten Fernsehbildern loszurollen. Ein
       Tränengeschwader. Zusammen mit einer weltweiten Armee von Tränen. Wann
       werden zuletzt kollektiv so viele Tränen vergossen worden sein? Bei
       Princess Dianas Hochzeit? Beim Auslaufen der Queen Mary II?
       
       Ich befürchte, beim Tsunami 2004. Keine schöne Erinnerung … Also hinfort
       damit, und dem Leben zugewandt! Dem Leben und dem Fernsehprogramm von ARD
       und ZDF, die beide live von der Hochzeit berichten, als könne man mit dem
       einen Auge den einen und mit dem anderen Auge den anderen Sender gucken.
       
       Immerhin müssen die ZDF-Kollegen, die Freitagmorgen um 4.30 Uhr ihren
       Dienst antreten, um dann die bedeutendste Liveschalte seit der Explosion
       der "Challenger" zu stemmen, Freitagabend mit den letzten das Königreich
       verlassenden Flugzeugen wieder abdampfen. Das spart Hotelkosten. Nein, man
       darf da jetzt nicht zimperlich sein beim ZDF. 54 Millionen Euro pro Jahr
       für die Übertragung von acht Fußballspielen, für drei Jahre zusammen 162
       Millionen Euro - da müssen die Redaktionen schon den ein oder anderen
       Einschnitt hinnehmen. Vom Zuschauer ganz zu schweigen, der womöglich bald
       damit leben muss, dass in den Inga-Lindström-Verfilmungen immer öfter
       Drillinge auftauchen. Einfach deshalb, weil ein Schauspieler, der drei
       Rollen füllt, billiger zu haben ist als drei einzelne.
       
       Immerhin sind Frauen heutzutage flexibel. Darauf wies auch der Mediendienst
       von Peter Turi letzte Woche hin, der schrieb: "Glamour-Chefredakteurin
       Andrea Ketterer sieht veränderte Anforderungen der Leserinnen an
       Frauenmagazine." Diese hatte nämlich den Satz gesagt: "Keine Leserin nimmt
       sich die Zeit, einen Artikel zweimal zu lesen. Wenn sie im Vorspann nicht
       versteht, worum es geht, ist sie weg." Es ist gut, dass diese Entwicklung
       endlich einmal laut benannt wurde, jetzt können auch die Dozenten der
       Journalistenschulen endlich damit aufhören, den Schülern das recht
       aufwendige Formulieren komplizierter, verschachtelter und
       missverständlicher Vorspänne beizubringen.
       
       ## "Die 40 beliebtesten Ausflugsziele"
       
       Für das, und ich rede hier aus Erfahrung, die meisten Schüler auch immer
       etwas zu blöd waren. Nichtsdestotrotz eine Notwendigkeit, als es noch weder
       Fernseher, Internet noch Vibratoren gab und die Frauen ihre Abende damit
       verbrachten, Artikel wieder und wieder zu lesen. Bereits mit der Erfindung
       des Strickzeugs sank die Bereitschaft, einen Text mehr als viermal zu lesen
       um 27,8 Prozent. Seither, so fand man an der Leipziger School of Media
       heraus, sinkt diese beständig.
       
       Auch für mich stellt sich ab und zu die Frage, was ich mit meiner vielen
       freien Zeit anfangen soll. Ostern war wieder so eine Begebenheit, und ich
       war froh, dass ich mir eine TV Movie gekauft hatte, auf deren Titel
       Schweini mit einer Tüte Funny-frisch-Chips sitzt. Das Cover verrät: "Film
       ab, Tüte auf!" Ich habe mir dann "Die 40 beliebtesten Ausflugsziele" aus
       dem Programmangebot rausgesucht und die Lücken, die entstehen, seitdem ich
       die Artikel nur noch einmal lese, gefüllt.
       
       Aber auch vor zukünftigen Zeitlöchern muss ich keine Angst haben. Die taz,
       meine liebe alte Lieblingstante, hat eine tolle Anzeige geschaltet: Es
       werden "für gelegentliche Verteil-Aktionen […] zuverlässige Leute mit einem
       freundlichen Auftreten" gesucht. Leider lässt die Anzeige offen, was
       verteilt werden soll. Ich nehme an, Charme. Womit ich genau die Richtige
       wäre. Und mich hiermit bewerbe. Berlin, ich komme!
       
       27 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Silke Burmester
       
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