# taz.de -- Urteil rettet Sami-Kultur: Rentiere dürfen auf Privatgrund weiden
       
       > Schwedens Oberster Gerichtshof stärkt die Rechte der Sami-Bevölkerung:
       > Das alte Recht auf Rentierzucht wiegt schwerer als Rechte von
       > Privateigentümern.
       
 (IMG) Bild: Guten Appetit! Mit der Rentierführerkultur kann es nun weitergehen.
       
       STOCKHOLM taz | Fliegende Rentiere gibt es nur in Mythen. Jedes Jahr, wenn
       es von den Winterweiden am Meer zu den Sommerweiden in den Bergen geht,
       müssen die Herden Lappland zu Fuß durchqueren. Der Zug hat gewaltiges
       Konfliktpotenzial. Denn die Grundstückseigner, über deren Felder und durch
       deren Wälder er führt, beklagen sich immer wieder über spürbare Schäden.
       
       Nun hat der Oberste Gerichtshof in Stockholm entschieden, dass sie sie
       hinnehmen müssen. Das historische Weiderecht der Sami-Bevölkerung, die die
       Herden begleitet, wiege schwerer als das Eigentumsrecht, so die
       RichterInnen.
       
       1997 hatten 104 Grundstückseigentümer in der Nähe des nordschwedischen Umeå
       geklagt. Sie wollten den drei dort lebenden Sami-Gemeinschaften gerichtlich
       verbieten lassen, die Rentiere auf Privatgrundstücke zu führen. Darauf
       folgte ein jahrelanger Rechtsstreit, der mit dem Urteil vom Mittwoch seinen
       letztinstanzlichen Abschluss fand. Grundstückseigentümer müssten die
       saisonalen Beeinträchtigungen durch Rentiere hinnehmen.
       
       Ein anderer Ausgang hätte bedeutet, dass die Rentierwirtschaft und damit
       die samische Kultur binnen einer Generation aussterben würde, hatten
       Antrophologen, Historiker und Naturwissenschaftler gewarnt. Rentiere seien
       eine Hirschart, keine Rinder, die man auf begrenzten Weidegebieten züchten
       könne. Die Rentier-Sami hatten mit iälteren Rechten argumentiert: Ihre
       Vorfahren lebten schon jahrhundertelang in Lappland, bevor sich Bauern
       ansiedelten und Wälder in Privatbesitz übergingen oder Städter mit
       Freizeithäusern die Einsamkeit suchten.
       
       ## Historisches und politisches Urteil
       
       Camilla Wikland, Anwältin der Sami sprach von einem "historischen Urteil".
       Weil der Gerichtshof erklärt habe, die Entscheidung sei präjudizierend,
       seien damit auch zahlreiche noch anhängige ähnliche Prozesse entschieden.
       Ein Sprecher der Grundstückeigentümer beklagte jährliche Millionenverluste
       und ein "politisches Urteil". Da die Sami eine Minderheit seien und auch
       aus Brüssel deutliche Signale zur Bedeutung des Minderheitenschutzes
       gekommen seien, habe das Gericht gar nicht anders entscheiden können.
       
       28 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Minderheiten
       
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