# taz.de -- die wahrheit: Dr. Fu Man Chus Erbe
       
       > Der gerade erst getötete Al-Qaida-Chef Osama bin Laden erhält postum den
       > Ehren-Oswald für sein Lebenswerk.
       
 (IMG) Bild: Frühes Vorbild für Osama Bin Laden: Dr. Fu Man Chu ist erster Preisträger der Oswald-Verleihung.
       
       Perfekter hätte das Timing nicht sein können. Kaum hatte US-Präsident
       Barack Obama am Sonntagabend den erfolgreichen Abschuss des amerikanischen
       Erzfeindes Osama bin Laden bekanntgegeben, schon verkauften sich die
       Tickets der Fernsehshow zur diesjährigen Oswald-Verleihung wie
       geschnittenes Brot. Der blutrote Teppich dürfte jedenfalls voll werden.
       
       Wir erinnern uns: Die von der Öffentlichkeit und den Medien ansonsten kaum
       wahrgenommene Oswald-Verleihung ist nach dem angeblichen Kennedy-Mörder Lee
       Harvey Oswald benannt und prämiert einmal im Jahr die besten Attentäter der
       abgelaufenen Saison. Die Auszeichnungen werden in diversen Haupt- und
       Nebenkategorien vergeben, die von "Bester männlicher Haarschnitt bei einem
       Bombenattentat im Nahverkehr" bis hin zur "Besten Tarnung in einer
       Reihenhaussiedlung im Sauerland" reichen.
       
       Ins Leben gerufen wurde die anfangs noch strikt geheim abgehaltene und
       später dann für mehrere Jahre in Libyen angesiedelte Veranstaltung von den
       beiden akademischen Vordenkern der modernen Attentäterszene, Dr. Fu Man Chu
       und Dr. Mabuse, die bei der ersten Verleihung im Jahr 1972 auch sofort
       gemeinschaftlich den Ehren-Oswald für die "Beste Silhouette beim
       Mit-verzerrter-Stimme-hinter-einem-Paravent-Sitzen" abgeräumt haben. Eine
       Auszeichnung, die seinerzeit aber den üblen Beigeschmack der
       Selbstbedienung hatte. Denn dass die Initiatoren sich selbst auszeichneten,
       machte einerseits keinen sonderlich guten Eindruck, war aber andererseits
       bei der Vita, der Arbeitsmoral und nicht zuletzt der Gesamtverkommenheit
       der beiden Veranstalter auch nicht anders zu erwarten.
       
       Doch zurück zur aktuellen Verleihung. Jetzt also geht ein Oswald an den
       eben erst mit einem Kopfschuss niedergestreckten Al-Qaida-Chef Osama bin
       Laden, der angeblich bereits direkt nach den Anschlägen auf das World Trade
       Center vor fast zehn Jahren für den Preis des besten Newcomers nominiert
       war, was damals in den Reihen der arrivierten Attentäter allerdings auf
       erhebliches Missfallen stieß, da bin Laden schon seit Jahren gut im
       Geschäft war und zudem von Seiten der amerikanischen Regierung mit Waffen,
       militärischem Know-how und sonstiger professioneller Hilfe ausgestattet
       wurde, um den russischen Besatzern in die afghanische Suppe zu spucken. Das
       sei unlauterer Wettbewerb, hörte man seinerzeit ebenso häufig wie zu Recht
       aus den empörten Reihen privat motivierter und organisierter Attentäter.
       
       Doch bei den Preisträgern der diesjährigen Oswald-Verleihung waren sich
       Jury und Zielgruppe und selbst die Kritiker durchgehend einig. Und so wurde
       bin Laden bereits vor seinem Tod für den Ehren-Oswald, mit dem sein
       Lebenswerk gewürdigt werden soll, vorgeschlagen. Da kommt dessen
       plötzliches und unnatürliches Ableben mehr als passend für alle
       Beteiligten. Und dass sich Präsident Obama dabei nicht zwingend legaler
       Mittel bedient hat und konsequent die drohenden Scherereien jahrelanger
       gerichtlicher Auseinandersetzungen blitzsauber aus dem Weg geschossen hat,
       sehen Komitee und Jury mit besonderer Genugtuung. Doch wenn man alles
       zusammennimmt, kommt man auch ohne Anrufung des jüngsten Gerichts nicht
       umhin, die nonchalante Tötung des designierten Preisträgers bin Laden, die
       den wirren Gesetzen der Oswald-Verleihung vorbildlich gehorcht,
       gutzuheißen.
       
       Völlig untergegangen im aufgewirbelten Staub der Hubschrauber ist jedoch,
       dass auch ein Bin-Laden-Gegner in diesem Jahr bei der Oswald-Verleihung
       prämiert werden soll: Für gleich zwei Auszeichnungen wurde der mit Osama
       bin Laden immer prächtig zusammenarbeitende ehemalige
       US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vorgeschlagen. Er soll die Preise
       in den Kategorien "Passendster Nachname für einen kriegsgeilen Hardliner"
       und "So ziemlich größtes Arschloch von allen" erhalten.
       
       3 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Schneider
       
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