# taz.de -- John Higgins wird Snooker-Weltmeister: Lieblings Befreiungsstoß
       
       > John Higgins gewinnt den Weltmeistertitel, obwohl er seinen Finalgegner
       > für den besseren Spieler hält. Dass er bis November gesperrt war, hat er
       > längst überwunden.
       
 (IMG) Bild: Mit viel Ruhe: Snooker-Weltmeister John Higgins.
       
       DUBLIN taz | Es war eine schwierige Saison für John Higgins. Zuerst war der
       35-jährige schottische Snooker-Profi sechs Monate gesperrt, weil er einen
       Bestechungsversuch nicht gemeldet hatte, dann starb im Februar sein Vater,
       der ihn zu allen wichtigen Turnieren begleitet hatte. Doch am späten
       Montagabend gewann Higgins seinen vierten Weltmeistertitel. In einem
       spannenden Finale im Crucible Theatre von Sheffield besiegte er den
       21-jährigen Judd Trump mit 18:15.
       
       Dabei sah es zunächst gar nicht danach aus. Nach dem ersten Finaltag am
       Sonntag lag er 7:10 hinten, und auch zur Pause am Montagmittag führte Trump
       mit 13:9. Doch wie bereits in den Runden zuvor drehte Higgins das Spiel
       noch, gewann vier Spiele hintereinander und gab die Führung nicht mehr ab.
       "Judd war der bessere Spieler", sagte er nach seinem Sieg. "Der hat eine
       Art Snooker gespielt, die ich nie zuvor gesehen habe. Wir haben einen neuen
       sensationellen Spieler."
       
       Snooker, das 1875 in Indien von der britischen Kolonialarmee erfunden
       wurde, ist eine Billardvariante. Es geht darum, 15 rote und 6
       verschiedenfarbige Kugeln mit dem weißen Spielball in eine der sechs
       Taschen zu versenken - und zwar jeweils erst eine rote, und dann eine
       andersfarbige Kugel. Während die roten Kugeln ausscheiden, wenn sie
       versenkt sind, werden die anderen Kugeln wieder auf den Tisch zurückgelegt.
       Wenn alle roten Kugeln weg sind, müssen die übrigen Kugeln in der
       Reihenfolge ihres Werts abgeräumt werden - die schwarze zuletzt. Das Spiel
       ist nicht arm an Gemeinheiten: "Snooker" bedeutet, jemanden in eine
       ungünstige Spielsituation zu bringen, was inzwischen auf Alltagssituationen
       übertragen wurde.
       
       ## Ein Spiel für Gentlemen
       
       Snooker soll ein Spiel für Gentlemen sein, so wünscht es sich der Verband,
       um vom Ruch einer Kneipensportart loszukommen. So müssen die Spieler bei
       wichtigen Turnieren ein weißes Hemd mit Weste und Fliege tragen und sich
       anständig benehmen. Weltmeisterschaften werden seit 74 Jahren ausgetragen.
       Dabei geht es um viel Geld: Higgins erhielt am Montag 250.000 Pfund.
       
       Da kann er die Strafe von 75.000 Pfund, die ihm der Verband vor einem Jahr
       aufgebrummt hat, verschmerzen. Higgins war damals von der News of the World
       hereingelegt worden, einer der ekelhaftesten Boulevardzeitungen Europas.
       Das Blatt bedient sich häufig krimineller Methoden. Unter dem damaligen
       Chefredakteur Andy Coulson wurden reihenweise Handys von Politikern,
       Schauspielern, Sportlern und Mitgliedern des Königshauses angezapft.
       Coulson verließ das Blatt schließlich, bekam nach den britischen
       Parlamentswahlen aber den Job als Medienberater von Premier David Cameron.
       Als immer mehr Details der Abhöraffäre bekannt wurden, trat Coulson im
       Januar zurück.
       
       Die News of the World hatte Higgins mithilfe seines Geschäftspartners nach
       Kiew gelockt, wo ihm als Geschäftsleute getarnte Reporter 300.000 Pfund
       anboten, wenn er dafür absichtlich ein paar Spiele verliere. Higgins fühlte
       sich überrumpelt, sagte scheinbar zu und verließ fluchtartig das Hotel, in
       dem das Gespräch stattgefunden hatte. Er versäumte es aber, das Treffen dem
       Verband zu melden. Das Boulevardblatt veröffentlichte die Videoaufnahme von
       der Unterhaltung. Higgins wurde für ein halbes Jahr gesperrt.
       
       Seit dem 1. November vorigen Jahres darf er wieder spielen, und die
       Snooker-Fans stehen hinter ihm. Bei der WM in Sheffield gab es lediglich
       einen Zwischenfall, als ein Zuschauer ihn von der Tribüne aus beschimpfte,
       doch das Publikum brachte den Störenfried schnell zum Schweigen. Seit
       Ablauf seiner Sperre gewann Higgins fünf Titel, unter anderem die UK
       Championship und - wenige Tage nach dem Tod seines Vaters - den walisischen
       Titel. Zwischenzeitlich stand er auch wieder an der Spitze der
       Weltrangliste. "Das aber ist der bisher größte und wichtigste Titel, den
       ich gewonnen habe", sagte Weltmeister Higgins am Montagabend.
       
       3 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Snooker
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